Schlaf ist wichtig für die Regeneration von Körper und Geist. Das gilt selbstverständlich oder gerade auch bei älteren und pflegebedürftigen Menschen. Manchmal kommen die nächtlichen Erholungsphasen in der häuslichen Pflege jedoch zu kurz. Zum einen, weil – anders als im Pflegeheim – feste Bettgehzeiten eher unüblich sind. Zum anderen berichten Pflegebedürftige nicht immer von bestehenden Schlafproblemen, sondern nehmen diese einfach hin.
Wir verraten Ihnen, wie Sie erkennen können, ob Ihr pflegebedürftiger Angehöriger ausreichend Schlaf bekommt, und geben Ihnen Tipps, damit Ihr Angehöriger – und vielleicht auch Sie selbst – besser schlafen können.
Warum ist Schlaf für Pflegebedürftige besonders wichtig?
Zunächst ist Schlaf natürlich für jeden Menschen wichtig, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Pflegebedürftige, die häufig unter chronischen Erkrankungen leiden, profitieren aber besonders von den nächtlichen Erholungsphasen. Schließlich ist der Körper im Schlaf nur augenscheinlich untätig – im Inneren spielen sich viele wichtige Abläufe für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen ab.
Gesunder Schlaf ist eine Art Medizin. Während Ihr pflegebedürftiger Angehöriger schläft, sinken der Herzschlag und der Blutdruck. Der Zucker und der Fettstoffwechsel werden optimal reguliert. Außerdem leitet der Organismus Reparaturprozesse ein und kurbelt die Wundheilung an. All das kann der Körper umso zuverlässiger und effizienter erledigen, je besser Ihr Angehöriger schläft.
Auch das Gehirn ist nachts zwar weniger aktiv, erledigt aber entscheidende Arbeitsschritte. Im Schlaf beginnt die Sortierungsphase – Eindrücke werden zu einer festen Erinnerung und überflüssige Informationen sozusagen von der Festplatte gelöscht.
Bleibt ein erholsamer Schlaf dauerhaft aus, leiden die Konzentration, die körperliche Regeneration und das Herz-Kreislauf-System darunter. Besser schlafen heißt also nicht nur besser regenerieren, sondern auch besser funktionieren.
Schlafphasen und Schlafzyklen: Was passiert, wenn wir schlafen?
Wenn Ihr Angehöriger zu Bett geht, beginnen nach einiger Zeit die Schlafphasen. Ein kompletter Schlafzyklus, inklusive aller Schlafphasen, dauert 90 bis 110 Minuten – Ihr Familienmitglied durchläuft den Zyklus also etwa vier- bis siebenmal pro Nacht.
- Einschlafphase: Diese Phase beginnt unmittelbar mit dem Einschlafen und erstreckt sich bis zur nächsten Schlafphase. Der Schlaf ist hier sehr oberflächlich –Ihr Angehöriger ist leicht aufzuwecken, da das Bewusstsein noch nicht vollständig in den Schlaf gesunken ist.
- Leichtschlafphase: Ungefähr 50 Prozent des gesamten Schlafzyklus entfallen auf diese Phase. Der Organismus fährt langsam herunter – die Glieder werden schwer, die Körpertemperatur sinkt. Außerdem werden die Gehirnfunktionen entschleunigt.
- Tiefschlafphase: Körper und Geist sind nun vollständig im Schlaf angekommen. Die Muskulatur ist entspannt und die Augen sind ruhig. Das Gleiche gilt für den Herzschlag und die Atmung. In dieser Phase können Pflegebedürftige übrigens mit den Zähnen knirschen oder schlafwandeln. Durch den festen Schlaf wacht Ihr Angehöriger nicht mehr so leicht auf.
- REM-Phase: Von der Tiefschlafphase gleitet Ihr Angehöriger in die REM-Phase. REM steht hier für „Rapid Eye Movement“, übersetzt bedeutet das etwa so viel wie „schnelle Augenbewegungen“. Wenn Sie Ihr Familienmitglied nun beim Schlafen beobachten, bemerken Sie die schnellen Augenbewegungen, die sich unter den Lidern vollziehen. In dieser Phase träumt Ihr Angehöriger, der Schlaf ist wieder etwas leichter.
Wie oft und gut Schlafende von einem Schlafyklus in den nächsten gelangen, ist sehr unterschiedlich. Vielleicht wacht Ihr Familienmitglied nach der REM-Phase auf oder schläft bis zum nächsten Morgen durch.
Wie verändert sich der Schlaf mit dem Alter?
Bestimmt kennen auch Sie die weitverbreitete Meinung, dass ältere Menschen weniger Schlaf benötigen als jüngere Personen. Das ist falsch. Richtig ist jedoch, dass sich das Schlafverhalten mit dem Alter ändert. Hier kommt es allerdings nicht zwangsweise zu einer Verkürzung der Schlafzeit, sondern vielmehr zu einer Anpassung der Schlafphasen.
Ältere Menschen haben mehr Leichtschlafphasen – jetzt reicht schon ein kleiner Impuls wie ein leises Geräusch oder eine Berührung, um sie aufzuwecken. Die Tiefschlafphasen fallen dagegen mit zunehmendem Alter kürzer aus als in jüngeren Jahren. Das führt bei vielen Menschen dazu, dass sie nachts häufig wach werden und über eine schlechtere sowie kürzere Nachtruhe berichten.
Wir alle besitzen eine innere Uhr, die sich auf Schlaf- und Wachphasen auswirkt. Experten unterscheiden hier verschiedene Chronotypen – häufig auch als Eulen (Langschläfer) und Lärchen (Frühaufsteher) bezeichnet. Junge Menschen entsprechen eher dem Eulentyp, im Rentenalter verschiebt sich der Chronotyp jedoch meist wieder zur Lärche hin. Vielleicht ist daran das sogenannte Schlafhormon Melatonin nicht ganz unbeteiligt. Schließlich besitzt es eine große Wirkung auf die innere Uhr. Der Melatoninspiegel nimmt jedoch mit zunehmendem Alter ab.
Der Mensch lehnt seine innere Uhr an die natürliche Umgebung an. Empfangen die Ganglienzellen in der Netzhaut im Auge Tageslicht, führt das dazu, dass der Körper aktiv wird. Dazu trägt das Serotonin bei, das bei Tageslicht produziert wird. Wird die Umgebung dunkler, bildet der Körper hingegen das Schlafhormon Melatonin, das müde macht.
Im Alter verschiebt sich der Tag-Nacht-Rhythmus: Ältere Menschen neigen häufig dazu, früh zu Bett zu gehen. Bei einer durchschnittlichen Schlafdauer von sieben bis acht Stunden sind sie dann entsprechend früh wieder wach.
Wenn sich das Schlafverhalten im Alter ändert, muss dahinter also nicht zwangsweise ein Problem stecken. Einige Forscher vermuten sogar, dass die Umstellung der inneren Uhr bei Naturvölkern in der Vergangenheit einen wichtigen Zweck erfüllte: So waren immer Personen wach, die bei Gefahr Alarm schlagen konnten.

Besser schlafen
Ihr Angehöriger liegt nachts wach und ist tagsüber müde? Mit diesen 10 Tipps sorgen Sie für eine gute Nachtruhe.
Wie viel Schlaf braucht Ihr Angehöriger pro Nacht?
Eine Befragung unter 1.037 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland ergab, dass knapp die Hälfte, nämlich 49 Prozent, sieben bis acht Stunden pro Nacht schlafen. Damit folgen sie der Empfehlung vieler Schlafforscher, die zu etwa sieben Stunden Nachtruhe raten. Auch wissenschaftliche Untersuchungen stützen diese Empfehlung. Laut einer britisch-chinesischen Studie sind sieben Stunden Schlaf optimal, um das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu unterstützen. Konkret ging es um Menschen zwischen 38 und 73 Jahren.
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) rät allerdings davon ab, festen Vorgaben, wie beispielsweise sieben Stunden pro Nacht, strikt zu folgen. Schließlich hängt der Schlafbedarf unter anderem von genetischen Faktoren ab und richtet sich auch nach der Schlafqualität. Ihr Angehöriger kann sich also auch nach sieben Stunden Schlaf noch unausgeruht fühlen, wenn er nachts oft wachgelegen hat. Die beste Empfehlung ist daher, das Schlafbedürfnis im Blick zu behalten und die Nachtruhe daran anzupassen.
Schlafprobleme oder Schlafstörung?
Schlafprobleme treten in jedem Alter auf. So hat jede dritte erwachsene Person Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen. Mit dem Alter steigt das Risiko für Schlafprobleme an: Laut Schätzungen trifft es bei den über 60-jährigen jede zweite Person. Doch wann liegt eine Schlafstörung vor?
Untersuchungen zufolge schlafen gesunde Personen, die deutlich älter als 70 Jahre alt sind und sich nicht über Schlafprobleme beklagen, durchschnittlich sieben bis acht Stunden pro Nacht. Für die Einschlafphase benötigen sie etwa 30 Minuten. Nachts kann es zu bis zu zweistündigen Wachphasen kommen. Diese Angaben können als Normalwerte für die Altersgruppe angenommen werden.
Weicht Ihr Angehöriger von diesen Werten deutlich ab, liegt er beispielsweise nachts drei Stunden wach oder benötigt zwei Stunden zum Einschlafen, kann eine Schlafstörung vorliegen. Maßgeblich sind hier auch das Wohlbefinden und der Leidensdruck.
Generell gilt: Wenn Ihr Familienmitglied oder Sie sich Sorgen um den Nachtschlaf machen, suchen Sie am besten einen Mediziner zur Abklärung auf.
Bekommt Ihr Angehöriger zu wenig Schlaf?
Schlaf ist etwas sehr Individuelles. Wer nicht genügend davon abbekommt, merkt das meist schon am nächsten Tag. Pflegebedürftige führen mangelnde Konzentrationsfähigkeit und andere Folgeerscheinungen aber nicht immer auf fehlende Nachtruhe zurück.
Diese Anzeichen deuten auf zu wenig Schlaf bei Pflegebedürftigen hin:
- Ihr Familienmitglied hat Konzentrationsschwierigkeiten.
- Der Pflegebedürftige macht am Morgen einen benommenen und schlaftrunkenen Eindruck.
- Beim Fernsehen oder Lesen nickt Ihr Angehöriger häufig ein.
- Der Pflegebedürftige gähnt und streckt sich auffallend viel.
- Ihr Familienmitglied ist gereizt oder hat Stimmungsschwankungen.
Trifft mindestens ein Punkt auf Ihren pflegebedürftigen Angehörigen zu, ist es sinnvoll, die Nachtruhe näher zu beleuchten.
Ein Schlaftagebuch ist eine hervorragende Möglichkeit, um die Schlafzeiten Ihres Angehörigen festzuhalten. Darin tragen Sie die Bettgehzeiten und Aufwachzeiten ein. Außerdem können Sie Notizen zur Schlafqualität machen. Gibt Ihr Angehöriger beispielsweise an, nachts wach zu liegen, oder bemerken Sie, dass Ihr Familienmitglied nachts umherwandert, sind das wertvolle Erkenntnisse. Zählen Sie die reinen Schlafstunden ohne Unterbrechung zusammen – auf wie viele Stunden kommt Ihr Angehöriger? In dem Zusammenhang ist es wichtig, Ihren Angehörigen täglich zu fragen, wie er sich fühlt, und auf oben stehende Auffälligkeiten zu achten. Erkennen Sie hier womöglich eine Verbindung?
Wie Sie Ihren Angehörigen besser schlafen lassen
Ihr Angehöriger berichtet von langen Wachzeiten in der Nacht oder wirkt tagsüber sehr müde? In vielen Fällen können einfache Änderungen im Pflegealltag dazu beitragen, besser zu schlafen.
- Achten Sie auf den Takt Ihres Angehörigen: Starre Bettgehzeiten, die sich nicht nach dem individuellen Tag-Nacht-Rhythmus orientieren, sind wenig hilfreich. Allerdings ist eine feste Routine durchaus wünschenswert. Finden Sie heraus, zu welcher Zeit Ihr Angehöriger abends müde wird und wann er morgens besonders ausgeschlafen erscheint. Auch dafür eignet sich der Einsatz eines Schlaftagebuchs. Binden Sie die Zeiten in den Tagesablauf ein, das hilft dem Körper und Geist dabei, sich besser auf das Schlafen einzulassen.
- Begrenzen Sie den Mittagsschlaf: Ein kurzes Nickerchen zur Mittagszeit ist nicht verkehrt, dieses sollte eine Dauer von 30 Minuten aber nicht überschreiten. Ansonsten fehlt Ihrem Familienmitglied abends die Bettschwere, um zügig einzuschlafen.
- Sorgen Sie für frische Luft und Tageslicht: Um den Schlaf-Wach-Rhythmus zu unterstützen, planen Sie am besten tägliche Spaziergänge an der frischen Luft ein. Bei bettlägerigen Patienten können Sie das Fenster öffnen und die Vorhänge beiseiteziehen.
- Planen Sie Aktivität ein: Körperliche Aktivität hilft dabei, die nötige Bettschwere für den Abend zu erlangen. Dazu können Spaziergänge, Turngruppen oder leichte Tätigkeiten im Haushalt beitragen. Ist Ihr Angehöriger schwerstpflegebedürftig, kommen einfache Bewegungsübungen im Bett infrage.
- Schaffen Sie ein gutes Schlafumfeld: Die Nachtruhe ist ein Sensibelchen. Ein unbequemes Kissen, eine zu warme Bettdecke oder ein zu helles Schlafzimmer können Ihren Angehörigen vom Schlafen abhalten. Achten Sie auch unbedingt auf die Schlafzimmertemperatur, die zwischen 16 und 18 Grad betragen sollte.
Menschen mit einer Demenz leiden häufig unter nächtlicher Unruhe – sie wälzen sich umher und stehen häufig auf. Bei der Erkrankung sterben Nervenzellen im Gehirn ab, was auch die innere Uhr beeinträchtigen kann. Patienten hilft es dann, wenn sie fortwährend sensorische Reize spüren. Das kann durch eine spezielle Demenzmatratze gelingen, die eine Mikrostimulation ermöglicht. Bewegen sich Personen auf einer Demenzmatratze, erhalten sie eine Rückmeldung durch die würfelförmigen Schaumstoffelemente, die sich in einem Gitternetz befinden.
Wenn der Tag sich dann dem Ende zuneigt, helfen diese vier Tipps für die Bettgehzeit:
- Ihr Familienmitglied schließt den Tag in einer ruhigen Atmosphäre ab (lesen, ruhige Musik hören oder Meditation).
- Ihr Angehöriger hat kurz vor dem Schlafengehen keine schwere Mahlzeit mehr gegessen, ist aber auch nicht hungrig.
- Ihr Angehöriger hat vor dem Schlafen seine Blase entleert.
- Im Schlafzimmer gibt es keine störenden Geräusche oder Lichter, zum Beispiel von einem digitalen Wecker.
Vielen Menschen mit Schlafproblemen helfen Meditationsübungen. Geführte Meditationen können den Geist beruhigen und störende Gedanken abschalten. Besonders praktisch: Ihr Angehöriger kann die Meditationsübungen über eine App direkt im Bett hören.
Was tun, wenn die Schlafprobleme anhalten?
Halten sich die Schlafprobleme hartnäckig und/oder besitzt Ihr Familienmitglied einen Leidensdruck, ist es Zeit, einen Experten aufzusuchen. Ihre erste Anlaufstelle ist der Hausarzt. Er kennt die Krankengeschichte Ihres Angehörigen und kann beispielsweise feststellen, ob verordnete Medikamente den Nachtschlaf negativ beeinflussen. Da auch chronische Schmerzen, eine Diabeteserkrankung oder eine Inkontinenz den Schlaf stören können, ist ärztlicher Rat grundsätzlich empfehlenswert.
Bei Bedarf stellt der Hausarzt eine Überweisung zu einem Schlaflabor oder einem Schlafzentrum aus. Einen Facharzt für Schlafmedizin gibt es übrigens nicht. Allerdings verfügen Fachärzte wie Internisten, Neurologen oder Psychiater mit speziellen Kenntnissen über einen „Qualitätsnachweis Somnologie“.
Klären Sie die Einnahme von Beruhigungsmitteln und Schlafmitteln am besten immer mit dem Hausarzt ab. Die Arzneimittel können das Risiko für Stürze, Gangunsicherheiten und Inkontinenz unter Umständen erhöhen.
Schlafprobleme sind weit verbreitet, sollten deswegen aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Leidet Ihr Angehöriger unter Schlafproblemen oder den Auswirkungen, können Sie mit der Einführung von Routinen und dem Beachten der oben genannten Tipps gute Erfolge erzielen – bei hartnäckigen Schlafstörungen sollten Sie aber in jedem Fall einen Arzt hinzuziehen.