Plötzlich „Pflegefall“: Eine Checkliste für die ersten Tage

Plötzlich „Pflegefall“: Eine Checkliste für die ersten Tage

Manchmal kommt es ganz plötzlich: Mutter, Vater, Partner oder Partnerin sind auf einmal pflegebedürftig, benötigen Hilfe und Unterstützung, um in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Was nun? Was können, was sollten Sie als Angehöriger oder Angehörige tun, und worum müssen Sie sich zuallererst kümmern? Unsere Checkliste „Plötzlich Pflegefall“ hilft Ihnen, durch die ersten Tage zu kommen.

Plötzlich Pflegefall: Eine ältere Frau sitzt im Rollstuhl und hat ihre Hände um die einer zweiten Person gelegt, die sich zu ihr herunterzubeugen scheint.
GettyImages/Halfpoint Images
Inhaltsverzeichnis
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    Manchmal deutet es sich über einen längeren Zeitraum an, gerade im gehobenen Alter, aber manchmal geht es auch ganz schnell: Eltern, Partner oder Partnerin sind plötzlich zum buchstäblichen Pflegefall geworden und kommen nicht mehr allein zurecht. Sie müssen versorgt oder betreut, vielleicht auch professionell gepflegt werden. Schlagartig gibt es eine Menge zu organisieren und zu planen – und nicht zuletzt den zuständigen Stellen zu melden, um die vom Gesetzgeber vorgesehenen Leistungen und Unterstützungsangebote auch wahrnehmen zu können.

    Die Plötzlich „Pflegefall“-Checkliste

    Doch was sollten Sie als Erstes tun, was als Nächstes und was hat ein paar Tage Zeit? Und wer hilft Ihnen mit all dem?

    Im Folgenden versuchen wir, Ihnen einen ersten Überblick zu geben und die wichtigsten „ersten“ Schritte aufzulisten und zu priorisieren. Dazu unterscheiden wir in was Sie sofort tun, möglichst bald organisieren und in den nächsten Tagen angehen sollten oder perspektivisch erledigen können.

    Plötzlich „Pflegefall“: Was Sie sofort tun sollten

    • Reichen Sie eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung beim Arbeitgeber ein.
      Bis zu 10 Tage sind möglich, um Pflege und Unterstützung zu organisieren.
    • Vereinbaren Sie eine persönliche Beratung.
      Sie haben ein gesetzliches Anrecht auf eine kostenfreie und neutrale Beratung über finanzielle und organisatorische Hilfen. Eine Online-Suche für Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie zum Beispiel auf den Webseiten des Zentrums für Qualität in der Pflege. Alternativ rufen Sie bei Ihrer Krankenversicherung an und lassen sich zur Pflegeversicherung durchstellen. Deren Mitarbeitende müssen Ihnen Auskunft erteilen und einen Beratungstermin vermitteln.
    • Stellen Sie einen Antrag auf Pflegeleistungen.
      Finden Sie die Versicherungsnummer und Adresse der Pflegeversicherung heraus, bei der die pflegebedürftige Person versichert ist. Der formlose Antrag muss – sofern Sie keine Vollmacht haben – von der pflegebedürftigen Person selbst unterschrieben werden. Bis zur Auszahlung kann es einige Wochen dauern, aber dann gibt es die Leistungen rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung.

    Download: Plötzlich "Pflegefall" Checkliste

    Unsere Checkliste für die ersten Tage gibt es auch als Download. Runterladen, ausdrucken, abhaken.

    Mit Auswahl von „Download anfordern“ stimmen Sie zu, künftig regelmäßig Informationen rund um die Pflege von Angehörigen zu erhalten. Die erteilte Werbeeinwilligung erfolgt im Gegenzug für den Erhalt des Downloads und ist jederzeit widerruflich. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

    Plötzlich „Pflegefall“: Was Sie möglichst bald organisieren sollten

    • Suchen Sie einen ehrenamtlichen Hilfsdienst zur Unterstützung.
      Wohlfahrtsverbände und private Vereine schicken Ehrenamtliche, die pflegebedürftigen Menschen beispielsweise im Haushalt helfen, sie zu Ärztinnen und Ärzten begleiten oder mit ihnen spazieren gehen. Meist ist eine Unterstützung sehr kurzfristig und oft kostenlos möglich. Der örtliche Pflegestützpunkt oder die Kirchengemeinden können Kontakte vermitteln. Die Ehrenamtlichen können oft auch wertvolle Tipps geben, wer sonst noch helfen kann. In manchen Regionen gibt es zudem ehrenamtliche Pflegebegleiterinnen und -begleiter. Informationen dazu bietet etwa das Netzwerk Pflegebegleitung.
    • Organisieren Sie Entlastung für den Alltag.
      Dazu zählen etwa Essen auf Rädern oder eine Haushaltshilfe. Der örtliche Pflegestützpunkt kennt mögliche Adressen. Alternativ hilft eine Internetsuche.
    • Beantragen Sie einen sogenannten Hausnotruf.
      Der spezielle Notrufknopf, etwa in Form einer Kette oder eines Armbands, sollte von der pflegebedürftigen Person permanent, auch unter der Dusche oder im Bett, getragen werden. Wird er gedrückt, kommt Hilfe – zunächst in Form eines Kontrollanrufs per Telefon, bleibt dieser unbeantwortet, wird der tatsächliche Notruf abgesetzt und ein Rettungswagen losgeschickt. Die Zentrale solcher Hausnotrufe ist jeden Tag im Jahr für 24 Stunden besetzt. Örtliche Anbieter finden Sie im Internet.
    • Ordern Sie sogenannte Pflege- oder Hilfsmittelboxen.
      Diese enthalten typischerweise einen individuell zusammenstellbaren Mix aus Mitteln zur Desinfektion, Schutzschürzen oder -einlagen, Einmalhandschuhen und Schutzmasken. Verschiedene Anbieter verschicken solche Boxen, auf Wunsch automatisch jeden Monat. Nach Bestätigung eines Pflegegrads ist das für Sie kostenlos, da direkt mit der Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person abgerechnet wird.
    • Prüfen Sie, ob und welche Vollmachten oder andere  Dokumente zur rechtlichen Vorsorge vorliegen.
      Gibt es eine Patientenverfügung? Eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung? Eine Bankenvollmacht? Wenn ja, was steht darin und sind die Dokumente noch aktuell? Wenn nein, sollen und können sie noch aufgesetzt oder aktualisiert werden? Kostenlose Beratungen bieten die örtlichen Betreuungsvereine an. Adressen lassen sich im Internet recherchieren oder beim örtlichen Amtsgericht erfragen.

    Plötzlich „Pflegefall“: Was Sie in den nächsten Tagen angehen sollten

    • Aktivieren Sie das soziale Netzwerk Ihres pflegebedürftigen Angehörigen oder auch Ihr eigenes.
      Besprechen Sie im Kreis von Familie und Vertrauten, aber gegebenenfalls auch mit Nachbarn, Freunden und Bekannten, wer in Zukunft welche Hilfe leisten kann und will.
    • Nehmen Sie die Ihnen zustehende Beratung wahr.
      Wenn möglich, gehen Sie mit der pflegebedürftigen Person gemeinsam hin, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
    • Füllen Sie die Unterlagen der Pflegeversicherung aus.
      Nach dem formlosen Antrag fragt die Versicherung im nächsten Schritt viele Details auf einem hausinternen Bogen ab. Beim Ausfüllen kann der örtliche Pflegestützpunkt helfen. Ist der Bogen zurückgeschickt, meldet sich nach einigen Tagen oder Wochen ein Gutachter oder eine Gutachterin. Diese Fachkraft wird bald zu Besuch kommen, um einzuschätzen, welche Hilfe nötig ist. Sie ermittelt dann einen Pflegegrad. Steht dieser fest, zahlt die Pflegeversicherung die entsprechenden Leistungen aus. Je nach Pflegegrad gibt es monatlich mehrere hunderte bis hin zu mehr als 2.000 Euro an Pflegegeldern, außerdem jährliche und einmalige Unterstützungsleistungen.
    • Sorgen Sie für eine Reduzierung der Sturzgefahr im Haushalt.
      Besorgen Sie Haltegriffe und angenehm helle LED-Leuchten und bringen Sie diese, wo nötig, an. Das erhöht auch die Lebensqualität.
    • Suchen Sie sich einen für Sie passenden Pflegekurs heraus und absolvieren Sie diesen.
      Die häusliche Pflege ist körperlich und emotional anstrengend. In einem Pflegekurs erfahren Sie viel Nützliches und üben hilfreiche Handgriffe.
    • Vereinbaren Sie Gesprächstermine mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten.
      Kam es in den vergangenen Wochen und Monaten zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands der pflegebedürftigen Person? Welche Medikamente sollten wie oft eingenommen werden? Gibt es sonst etwas Wichtiges zu wissen? Verschaffen Sie sich einen Überblick. Am besten gemeinsam mit der pflegebedürftigen Person. Oder ansonsten mit einer Vollmacht.
    • Prüfen Sie, ob Sie im Fall der Erwerbstätigkeit Ihre Arbeitszeit kurz- oder längerfristig reduzieren wollen – oder vielleicht auch müssen.
      Wer einen Teil der Pflege und Unterstützung selbst übernehmen möchte, kann sich dazu für einen vorher festgelegten Zeitraum freistellen lassen oder in Teilzeit arbeiten. Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz bieten hier mehrere Möglichkeiten.

    Plötzlich „Pflegefall“: Was Sie perspektivisch erledigen können

    • Überprüfen Sie den Medikamentenplan der pflegebedürftigen Person.
      Fragen Sie in der Apotheke, in der Ihre Angehörige oder Ihr Angehöriger für gewöhnlich ihre oder seine Medikamente besorgt, ob dort ein aktueller Medikamentenplan hinterlegt ist. Wenn nicht, bitten Sie um die Erstellung. Das ist in jeder Apotheke kostenlos möglich. Dann lässt sich auch leichter überprüfen, ob es mögliche negative Wechselwirkungen zwischen einzelnen Medikamenten gibt, die im schlimmsten Fall eine Pflegebedürftigkeit verschlechtern können.
    • Prüfen Sie, ob Umbauten im Haus oder Haushalt notwendig sind und welche Zuschüsse Sie hierfür beantragen können.
      Wenn größere Umbauten sinnvoll erscheinen, etwa eine bodentiefe Dusche oder breitere Türen, erkundigen Sie sich nach den Konditionen bei örtlichen Handwerkern. Prüfen Sie hinsichtlich der Zuschüsse insbesondere Angebote der Pflegeversicherung, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie örtliche Boni von Stadt und Land.
    • Prüfen Sie, ob eine Chance auf eine geriatrische Rehabilitation besteht.
      Fragen Sie in der Hausarztpraxis der pflegebedürftigen Person nach, ob eine solche Spezial-Reha für ältere Menschen sinnvoll ist. Sie kann eine Pflegebedürftigkeit oft noch einmal verbessern oder zumindest eine Verschlechterung hinauszögern. Das kann den Alltag für alle Beteiligten deutlich erleichtern.

    Weitere Empfehlungen für die erste Zeit als pflegende Angehörige oder pflegender Angehöriger finden Sie auch in unserem Servicebeitrag „Pflege von Angehörigen: Was sonst noch hilft“.

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