Alle heute gegen die Parkinson-Krankheit verfügbaren Maßnahmen zielen darauf ab, die Beschwerden soweit wie möglich zu beherrschen oder zu lindern beziehungsweise das Auftreten der Spätkomplikationen zu verzögern. Insgesamt sollen die Betroffenen damit ein weitgehend selbstständiges Leben mit guter Lebensqualität erreichen. Eine Heilung ist zum derzeitigen Zeitpunkt leider noch nicht möglich.
Spielt der Zeitpunkt eine Rolle in der Parkinson-Therapie?
Der Behandlungserfolg bei Parkinson hängt auch vom Zeitpunkt der Therapie ab: Generell lassen sich Beschwerden im Frühstadium besser lindern als im Spätstadium, zudem nehmen im späteren Krankheitsverlauf auch die möglichen Nebenwirkungen der Behandlungen zu. Allen Behandlungen gemein ist, dass sie von ärztlicher Seite laufend individuell angepasst werden sollten.
Gibt es einen Goldstandard in der Parkinson-Therapie?
Der sogenannte Goldstandard – also das ärztlich anerkannte Maß der Dinge – in der Parkinson-Therapie ist der Wirkstoff Levodopa (L-Dopa), der in Tabletten- oder Kapselform verabreicht wird. L-Dopa ist eine Vorstufe von Dopamin und soll den Dopamin-Mangel im Gehirn ausgleichen. Warum eine Vorstufe und nicht einfach Dopamin selbst? Weil Dopamin – im Gegensatz zu L-Dopa – nicht vom Blut in das Gehirn übergehen kann, der direkte Ersatz von Dopamin ist daher nicht möglich.
Dopamin ist ein Botenstoff im Gehirn, der die Muskelfunktion und damit die Bewegungen steuert. Ein Mangel an Dopamin bedeutet also, dass die Bewegungen des ganzen Körpers, einschließlich von Armen und Händen, nicht mehr reibungslos ablaufen.
L-Dopa wird immer zusammen mit einem weiteren Wirkstoff eingesetzt, nämlich einem Hemmer der sogenannten ‚Dopa-Decarboxylase‘. Die Dopa-Decarboxylase wiederum ist ein Enzym, das L-Dopa im Blut abbaut. Die gleichzeitige Verabreichung eines ‚Decarboxylase-Hemmers‘ verhindert also, dass L-Dopa bereits im Blut zu Dopamin abgebaut wird und dann nicht mehr im Gehirn wirken kann. Im Gehirn ist daher schlussendlich mehr Dopamin vorhanden, gleichzeitig werden die unerwünschten Wirkungen von Dopamin im Blut (auf den Magen-Darm-Trakt und das Herz-Gefäß-System) aber vermindert.
Zu den möglichen Nebenwirkungen von L-Dopa zählen Übelkeit, Schläfrigkeit oder Schwindel, aber auch Halluzinationen und Verwirrtheit können auftreten. Bei langer Therapiedauer (nach rund drei bis fünf Jahren) können Wirksamkeit und Wirkdauer immer mehr abnehmen, da im Gehirn immer mehr derjenigen Nervenzellen absterben, die auf Dopamin reagieren; das Dopamin wird dann schlechter gespeichert und schneller abgebaut. Neurologen und Neurologinnen versuchen daher häufig, L-Dopa bei jüngeren Betroffenen zu vermeiden und durch andere Medikamente zu ersetzen.
Achtung: Eiweißreiche Nahrung kann die Verfügbarkeit von L-Dopa im Gehirn reduzieren. L-Dopa sollte daher nicht gleichzeitig mit dem Essen, sondern eine Stunde vorher oder nachher eingenommen werden. Wenn Sie mehr zur Ernährung bei Parkinson wissen möchten, empfehlen wir unseren Servicebeitrag „Ernährung bei Parkinson: Was Sie wissen und worauf sie achten sollten“.
Welche Medikamente werden noch in der Parkinson-Therapie eingesetzt?
Neben dem „Goldstandard“ Levodopa (L-Dopa) kommen noch weitere Medikamente in der Behandlung einer Parkinson-Erkrankung zum Einsatz.
Dopamin-Agonisten (z.B. Apomorphin) ahmen die Wirkung des Dopamins nach und werden häufig mit anderen Wirkstoffklassen zusammen verabreicht. Sie gelten als weniger gut verträglich als L-Dopa: Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen hier Ödeme, ein „Schwarzwerden vor den Augen“ aufgrund eines Blutdruckabfalls beim Wechsel vom Sitzen oder Liegen in eine aufrechte Position, und ebenso wie bei L-Dopa Halluzinationen und Verwirrtheit. Mit einigen Präparaten ist auch ein erhöhtes Risiko für Herzklappenerkrankungen verbunden. Die Dopamin-Agonisten können geschluckt, unter die Zunge gelegt oder als „Auto-Injektion“ mit einer Spritze oder einer kontinuierlichen Pumpenapplikation unter die Haut gesetzt werden. Ein Präparat liegt zudem als Pflaster vor.
Sogenannte Hemmer der Enzyme „MAO-B“ und „COMT“ hemmen den Abbau von L-Dopa, dadurch steht dem Körper mehr L-Dopa zur Verfügung.
Hemmer des „NMDA-Rezeptors“ (wird bei Parkinson übermäßig stimuliert) wiederum fördern die Dopamin-Freisetzung im Gehirn und bremsen zusätzlich die Aktivität von Glutamat (Glutamat ist ein Botenstoff im Gehirn, der für die Störungen der Bewegungsabläufe bei Parkinson mitverantwortlich ist).
Nur noch selten eingesetzt werden heutzutage die „Anticholinergika“, die ersten Medikamente gegen Parkinson überhaupt, die bereits ab den 1860er Jahren zur Anwendung kamen. Sie hemmen zwar ebenfalls die Symptome wie Zittern oder verlangsamte Bewegungen, haben aber zahlreiche Nebenwirkungen.
Was passiert, wenn Tabletten oder Kapseln nicht mehr wirken?
Wenn die orale Einnahme von Medikamenten keine Wirkung mehr zeigt, ist die „gerätegestützte“ Therapie eine weitere Möglichkeit. So kann die Behandlung etwa über ein Pumpensystem erfolgen: Ein dünner Katheter ist mit einer kleinen tragbaren Pumpe verbunden, womit zum Beispiel der Dopamin-Agonist Apomorphin kontinuierlich unter die Haut (medizinisch: „sub-kutan“) verabreicht wird. Seit kurzem ist auch für L-Dopa eine solche Option verfügbar, es kann nun ebenfalls über ein tragbares Infusionsgerät unter die Haut abgegeben werden.
L-Dopa kann zudem über eine Dauersonde über die Bauchhaut in den Dünndarm gelangen, was als „PEG-Sonde“ bezeichnet wird: Über eine außen am Körper liegende Pumpe wird L-Dopa in den Darm transportiert, die Dosierungen lassen sich dabei individuell von Arzt oder Ärztin einstellen. Die PEG-Sonde kommt beispielsweise bei Älteren mit Schluckstörungen zum Einsatz. Mit diesen Therapieformen ist eine kontinuierliche Behandlung 24 Stunden am Tag möglich, was die Symptomenkontrolle verbessern soll.
Hängt das Parkinson-Risiko vom Geschlecht ab?

Gibt es eine operative Parkinson-Therapie?
Eine weitere Möglichkeit zur Behandlung einer Parkinson-Erkrankung ist ein operativer Eingriff zur „tiefen Hirnstimulation“, der meist bei starker Beeinträchtigung der Lebensqualität zum Einsatz kommt. Hierbei werden Elektroden in bestimmte Hirnregionen eingebracht, die von Parkinson betroffen sind. Die schwachen Stromstöße verursachen dort eine elektrische Reizung, was die gestörte Aktivität positiv beeinflusst. Besonders Bewegungsarmut, Steifigkeit und Zittern können in bestimmten Fällen deutlich verbessert werden.
Welche weiteren Maßnahmen gehören zur Parkinson-Therapie?
Als bedeutende Säulen der Therapie bei Parkinson gelten außerdem die Physiotherapie (fördert Beweglichkeit, vermindert Gelenkversteifungen), Ergotherapie (Übungen zum Erhalt der Bewegungen im Alltag) und Logopädie (Therapie für Sprach- und Schluckstörungen) sowie bei Bedarf auch psychologische oder soziale Maßnahmen. Diese verschiedenen Optionen sollten immer individuell den Symptomen angepasst werden.
Ganz besonders wichtig scheint die regelmäßige Bewegung zu sein: Körperliche Übungen können laut Studien der abnehmenden Muskelkraft bei Parkinson entgegenwirken, es gibt sogar Parkinson-spezifische Trainingsprogramme.
Auch die Ernährung ist von großer Bedeutung, da Betroffene häufig an Gewicht verlieren, unter anderem aufgrund der möglichen Schluckstörungen. Geachtet werden sollte auf die ausreichende Versorgung mit Eiweiß, Ballaststoffen und Vitaminen aus Obst und Gemüse.
Hängt das Parkinson-Risiko vom Alter ab?

Gibt es neue Ansätze in der Parkinson-Therapie?
Es gibt erfreulicherweise einiges zu berichten, was die Entwicklung der Therapie der Parkinson-Krankheit betriff.
Experimentelle Antikörper gegen das bei Parkinson „falsch gefaltete“ Protein namens alpha-Synuklein blieben zwar bislang leider ohne Effekt auf den Krankheitsverlauf. Nun wird die Impfung gegen alpha-Synuklein erforscht: Wissenschaftler hoffen auf einen stärkeren Effekt, wenn der Körper die Antikörper nach der Impfung selbst produziert (anstatt sie von außen zu erhalten). Die ersten Ergebnisse der entsprechenden Studie sollen 2024 vorliegen.
Ebenfalls untersucht wird derzeit Memantin, ein Wirkstoff aus der Alzheimer-Behandlung, der die kognitiven Störungen (des Denkens, der Wahrnehmung, des Gedächtnisses) bei Parkinson verbessern soll. Buntanetap wiederum ist ein neuer Hemmer verschiedener „neurotoxischer“ Proteine (neurotoxisch = das Nervensystem schädigend), der in Studien bereits zu Verbesserungen bei Parkinson-Patientinnen und Patienten geführt hat. Und ein Pilz-Extrakt namens Ganoderma lucidum hat in Tierstudien erste vielversprechende Ergebnisse geliefert.
Auch bei den therapeutischen Geräten ist Bewegung in der Sache. Ein relativ neues gerätegestütztes Verfahren, vor allem bei Zittern als Hauptsymptom, ist beispielsweise der Einsatz von „fokussiertem“ Ultraschall: Durch die Hitze der Ultraschallwellen werden gezielt krankhafte Zellen ausgeschaltet, das umliegende Gewebe bleibt unberührt.
Ist die Stammzelltherapie eine Option zur Parkinson-Therapie?
Intensiv erforscht wird derzeit die Stammzelltherapie. Die Idee dahinter ist: Die Medikamente zum Ausgleich des Dopamin-Mangels wirken im Prinzip nur so lange gut, wie noch Nervenzellen mit einer gewissen „Rest-Aktivität“ zur Dopamin-Produktion vorhanden sind. Sobald der Großteil dieser Nervenzellen abgestorben ist, lässt die Wirksamkeit nach und die Nebenwirkungen nehmen zu. Der Ansatz der Stammzelltherapie lautet daher, die abgestorbenen Nervenzellen durch neue, funktionsfähige Zellen zu ersetzen. Das Vorgehen ist sehr komplex: Bestimmte Körperzellen (Haut- oder Blutzellen) werden so „umprogrammiert“, dass sie zu Stammzellen von Nervenzellen werden, die dann zu funktionsfähigen Nervenzellen ausreifen können. An der schwedischen Universität Lund läuft dazu bereits eine klinische Studie, erste Ergebnisse sollen Ende 2024 vorliegen.
Und nicht nur in der Therapie, sondern auch beim möglichst frühen Erkennen von Parkinson geht es voran: Bald soll der Nachweis von alpha-Synuklein (das Schlüssel-Protein bei Parkinson) über eine einfache Blutprobe gelingen. Bislang war dies nur über das Nervenwasser möglich.
Ein Heilmittel für die Parkinson-Krankheit ist also weiterhin nicht in Sicht, aber in Behandlung und Früherkennung gibt es deutliche Fortschritte zu verzeichnen.