Parkinson kündigt sich lange vor der Diagnose an – Warnzeichen erkennen
V. a. eine Form von Schlafstörung erhöht das Risiko, an Parkinson zu erkranken, um 80 %. Darauf verweist die Parkinsonexpertin Daniela Berg, Direktorin der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und Professorin an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).
Verlangsamung von Bewegungen, Steifigkeit der Muskeln, Zittern oder spezifische Veränderungen des Gangbilds – das sind typische und bekannte Kennzeichen der Parkinson-Erkrankung.
Häufig kann es aber viele Jahre bevor diese typischen Symptome die Diagnose Parkinson erlauben, zu Warnzeichen kommen.
Parkinson-Warnzeichen: Verstopfung, Riechstörung, Depression
Hierzu zählen laut Berg z. B. Verstopfung, Störungen der Geruchswahrnehmung oder Depressionen. Diese Symptome könnten schon früh auf die typische Nervenzellschädigung bei Parkinson hindeuten – ohne dass diese Schädigungen im zuständigen Gehirnareal angekommen seien und ohne dass damit die für Parkinson typischen Bewegungsstörungen verbunden wären.
Allerdings: Diese Frühsymptome können viele Ursachen haben, betont Berg. Sie seien nicht spezifisch für die Parkinson-Erkrankung.
Gestörte Traumschlafphase erhöht Parkinson-Wahrscheinlichkeit
Ein sehr klares Indiz für eine drohende Parkinson-Erkrankung sind der Kieler Parkinson-Expertin zufolge Schlafstörungen in der Traumschlafphase.
„Wenn Menschen über 50 Jahren diese Form der Schlafstörung haben und keine anderen Ursachen dafür vorliegen, wie zum Beispiel Drogenkonsum, bekommen sie mit einer Wahrscheinlichkeit von über 80 Prozent in den nächsten Jahren Parkinson oder eine parkinsonähnliche Erkrankung.“
In der medizinischen Fachsprache wird die Traumschlafphase wegen der schnellen Augenbewegungen in dieser Zeit als „REM-Schlaf“ bezeichnet (von Englisch „Rapid Eye Movement“, schnelle Augenbewegung).
Normalerweise ist ein Mensch im Traumschlaf bewegungslos. Denn typisch für diese Tiefschlafphase ist ein Verlust an Muskelspannung.
Bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung hingegen ist ein Muskeltonus vorhanden und die geträumten Bewegungen können ausgeführt werden.
„Das kann für Betroffene und Partner oder Partnerin gefährlich werden. Häufig haben Menschen mit einer solchen Störung sehr lebhafte oder angsteinflößende Träume. Sie werden richtig aktiv und können schon mal ihren Bettpartner schlagen oder selber aus dem Bett fallen und sich schwer verletzen.“
Da es viele Gründe für einen unruhigen Schlaf gibt, sollte die Diagnose REM-Schlaf-Verhaltensstörung im Schlaflabor gesichert werden, rät Berg.
Prognosemodell sagt Parkinson-Wahrscheinlichkeit voraus
Eine internationale Arbeitsgruppe, an der Berg mitarbeitet, hat ein Prognosemodell entwickelt, mit dem sich anhand von Frühsymptomen, genetischen Faktoren und bestimmten Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit berechnen lässt, ob sich eine Person in der Frühphase der Erkrankung befindet.
„Anhand der vorliegenden Symptome können auch Hinweise auf den Verlauf und weitere Symptome abgeleitet werden.“
Parkinson-Prävention: körperliche Aktivität und mediterrane Ernährung
Eine spezielle Therapie, die das Fortschreiten der Krankheit aufhalte, gebe es bisher nicht, sagt die Parkinson-Expertin.
Dennoch wollten immer mehr Menschen mit REM-Schlaf-Verhaltensstörungen oder einer nicht durch Erkältung, Allergie oder eine Corona-Infektion erklärbaren Riechstörung wissen, ob bei ihnen eine frühe Parkinsonerkrankung vorliegt.
„Diese Symptome sollte man ernst nehmen. Denn auch wenn es keine spezielle Therapie gibt, kann man den Menschen Mut machen. Eine Veränderung des Lebensstils, insbesondere vermehrte körperliche Aktivität und eine eher mediterran ausgerichtete Ernährung, senken das Risiko, später Parkinson zu bekommen, deutlich.“