„Es geht ja, wenn wir ehrlich sind, um Geld“

„Es geht ja, wenn wir ehrlich sind, um Geld“

Einen Angehörigen zu pflegen, ist eine Herausforderung. Diese Leistung wird von Gesellschaft und Politik aber immer noch nicht ausreichend gewürdigt – zumindest auf Bundesebene. Lokale Initiativen sind hier etwas weiter. So werden in Berlin seit 2012 pflegende Angehörige mit dem „Berliner Pflegebären“ ausgezeichnet. Warum es solche Veranstaltungen braucht, warum es aktuell noch keine bundesweite Interessenvertretung gibt und wie pflegende Angehörige endlich gesellschaftlich und politisch Gewicht erhalten könnten? Wir haben nachgefragt.

Ein Eurozeichen geformt aus 10-Euro-Scheinen
GettyImages/Daniel Grizelj
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    Sebastian Krumbiegel

    Der Frontmann der Band „Die Prinzen“ (58) unterstützt seine Mutter bei der Pflege des an Demenz erkrankten Vaters. Er war einer der Laudatoren bei der Verleihung des „Berliner Pflegebären“ im Rahmen der diesjährigen „Woche der pflegenden Angehörigen“ im Mai.

    Natürlich ist auch bei uns nicht alles cool, natürlich gibt es auch für uns viel zu meckern, was ich mir aber wünschen würde, wäre in der Tat ein wenig mehr Demut vor dem, was wir haben.

     

    Was ist das Herausforderndste für Sie an der Pflegesituation mit Ihrem Vater?

    Die größte Herausforderung ist wohl die, dass ich meiner Mutter gern mehr helfen würde, weil sie unterm Strich die ist, an der alles hängen bleibt. Da kann ich als jemand, der vielleicht ein bis zwei Mal die Woche vorbeikommt, versuchen, sie mental zu unterstützen. Aber mit den alltäglichen Dingen ist sie eben meist allein, und das ist für sie oft sehr belastend.

    Hätten Sie politische Macht – was würden Sie für pflegende Angehörige sofort ändern?

    Es geht ja, wenn wir ehrlich sind, um Geld. Es geht um eine gerechte Verteilung, es geht darum, wofür der Staat wie viel bereitstellt. Es wäre doch ganz leicht, wenn der politische Wille da wäre: Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer für sogenannte Superreiche, Steuern auf Kapitalerträge am Finanzmarkt, also auf Aktien-Geschäfte, dann wäre uns schon sehr geholfen.

    Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft?

    Naja – eigentlich können wir in unseren Breiten ja wirklich froh und dankbar sein, wie wir leben. Das sieht in anderen Ländern ganz anders aus. Wir haben keinen Krieg, wir sind sozial sehr gut aufgestellt, niemand muss verhungern – all das sind keine Selbstverständlichkeiten, und dafür sollten wir ab und zu ruhig ein bisschen dankbar sein.

    Natürlich ist auch bei uns nicht alles cool, natürlich gibt es auch für uns viel zu meckern, was ich mir aber wünschen würde, wäre in der Tat ein wenig mehr Demut vor dem, was wir haben. Und damit meine ich auch mich selbst. Bei allen Problemen, die wir haben, bei allem Stress und allem Wahnsinn – wir leben auf der Sonnenseite des Lebens, und um das zu verstehen, müssen wir nur mal kurz in Richtung Osten schauen. Es ist gar nicht so weit weg, wo Menschen wie du und ich leben, die jeden Tag Angst haben müssen, dass alles, was sie haben, und alles, was sie sind, durch eine Bombe oder eine Granate oder eine Kugel ausgelöscht wird.

    Ja – das klingt jetzt hart, aber was ich meine, ist doch das, dass wir ab und zu mal einen Gedanken verschwenden sollten an das, was wir haben, was uns selbstverständlich vorkommt, was wir aber oft gar nicht mehr sehen.

    Was sind für Sie erfüllende Momente in einer Pflegesituation? 

    Das ist manchmal nur ein Lächeln oder auch ein herzhaftes Lachen.

    Ehrungen für pflegende Angehörige: Nette Geste oder wichtiges Signal?

    Es gibt zwar lokal einige Möglichkeiten für pflegende Angehörige, sich zu vernetzen und auszutauschen. Auch ihre Arbeit wird hier honoriert. Auf Bundesebene sucht man bislang aber vergebens nach einer Interessenvertretung für Laienpflegende. Woran liegt das? Ein Kommentar unserer Redakteurin Britta Waldmann.

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