Verstopfung? Nein danke!
Schätzungen zufolge leiden fünf bis 15 Prozent der deutschen Bevölkerung an Problemen beim Stuhlgang (Obstipation). Damit zählt die Verstopfung zu den häufigsten Gesundheitsstörungen in Deutschland. Das Ausbleiben des Stuhlgangs oder das erschwerte Entleeren des Darms wird von fast allen Betroffenen als unangenehm erlebt und hat echten Krankheitswert. Als häufige Beschwerden werden Völlegefühl, Übelkeit, Bauchschmerzen und Druckschmerz im Analbereich beschrieben, aber auch ein allgemeines Unwohlsein, muskuläre Verspannungen und Kopfschmerzen können auftreten.
Beim normalen Verdauungsprozess gelangen die Nahrungsreste aus dem Dünndarm in den Dickdarm. Dessen Hauptaufgabe besteht darin, aus der Nahrung Wasser und Vitamine herauszufiltern. Der Dickdarm ist außerdem das Speicherorgan für den zur Entleerung bestimmten Darminhalt. Die Darmschleimhaut produziert den notwendigen Schleim, um die Entleerung zu erleichtern. Der natürliche Zeitpunkt ist morgens, etwa 15 bis 20 Minuten nach der ersten Nahrungsaufnahme.
Wann spricht man von Verstopfung?
Da der Stuhl auch Bestandteile enthält, die nicht aus der Nahrung stammen, wird selbst bei Nahrungsmangel, etwa während des Fastens, Stuhl produziert. Normalerweise wird das Entleeren des Darms als angenehm und erleichternd erlebt. Die meisten Menschen haben einen regelmäßigen Entleerungszyklus mit gewohnheitsmäßigem Ablauf. Als normal wird eine Stuhlentleerung zwischen dreimal täglich oder auch einmal alle drei Tage angesehen.
Von Obstipation wird gesprochen, wenn das Absetzen von Stuhl als schwierig, anstrengend oder auch als schmerzhaft erlebt wird. Auch wenn der Stuhlgang mehr als drei Tage ausbleibt, liegt ebenfalls eine Obstipation vor. Da es immer auch ganz persönliche Gewohnheiten gibt, kann es sein, dass es Einzelnen nichts ausmacht, wenn sie nur einmal pro Woche zur Toilette gehen können, andere aber bereits nach zwei Tagen massive Beschwerden bekommen.
Ärztliche Abklärung empfehlenswert
Die Ursachen für eine Obstipation können sehr unterschiedlich sein. Stuhlentleerungsprobleme müssen immer ernst genommen werden und erfordern eine ärztliche Abklärung. Sehr selten ist die Obstipation jedoch mit einer ernsthaften Erkrankung verbunden oder ein erstes Anzeichen für eine Erkrankung. Wenn als Selbsttherapie bereits ein Abführmittel eingenommen worden ist, sollte man dies dem Arzt mitteilen und den Beipackzettel vorlegen.
Im Alter, bei Änderung der Lebensgewohnheiten und bei bestimmten Erkrankungen, insbesondere wenn diese einen Bewegungsmangel bedingen, kann es zu Problemen kommen. Die Gründe sind dann äußere Umstände, keine Darmprobleme. Gegen diese Formen der Verstopfung kann zur Vorbeugung einiges getan werde. Ziel ist, die Entleerungsbeschwerden zu lindern und eine Verstopfung zu verhindern.
Förderung von Gewohnheiten und Ritualen
Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass ihr Stuhlentleerungsverhalten mit eingeübten Gewohnheiten einhergeht. Um Beschwerden vorzubeugen, sollten diese Gewohnheiten auch bei Pflegebedürftigkeit beibehalten werden. Alles was hilft, darf angewendet werden. Manchen hilft es, ein Glas lauwarmes Wasser oder eine Tasse Kaffee auf nüchternen Magen zu trinken. Andere schwören auf Pfefferminz- oder Kamillentee oder trockenes Brot als erste Mahlzeit des Tages und Zuckerwasser vor dem Schlafengehen. Zur Gewohnheit kann auch die Zigarette vor dem Frühstück oder die „Sitzung“ mit der Tageszeitung auf der Toilette gehören. Die Betroffenen sollten sich immer genug Zeit nehmen. Selbst ohne Verstopfung ist es unangenehm, wenn beim Toilettengang Zeitdruck besteht.
Wenn der Stuhldrang unterdrückt wird, kann sich ebenfalls eine Obstipation entwickeln. Im Alltag passiert das oft, weil der Zeitpunkt des Stuhldrangs für eine Entleerung ungünstig erscheint oder weil die Umgebung den persönlichen Gewohnheiten nicht entgegenkommt. Toiletten müssen zum Verweilen einladen und warm sein. Wenn die Person sehr abgemagert ist, kann die Toilettenbrille abgepolstert werden. Beim Stuhlgang im Zimmer ist der Toilettenstuhl besser als das Steckbecken. Deshalb kann es sinnvoll sein, den Wechsel vom Bett zum Stuhl unter Anleitung einzuüben. Der Toilettenstuhl muss stabil und sicher sein, die Bremsen müssen funktionieren.
Ballaststoffreiche Ernährung
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Obstipation. Insbesondere wird eine ballaststoffarme Ernährung für Darmentleerungsstörungen verantwortlich gemacht. Als ballaststoffarme Lebensmittel gelten Weißmehlprodukte, Feinbackwaren und Fett und Fleisch im Übermaß. Vollkornprodukte sowie frisches Obst und Gemüse sind sehr ballaststoffreich.
Die Nahrung sollte möglichst gründlich gekaut und dadurch eingespeichelt werden und erst als Brei geschluckt werden. Die nötige Ballaststoffmenge kann durch die Umstellung auf die Vollkornvarianten bei Brot, Nudeln oder Reis gesichert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine Ballaststoffzufuhr von 30 Milligramm pro Tag, was sich mit drei Scheiben Vollkornbrot, einer Portion Früchtemüsli beziehungsweise zwei bis drei Kartoffeln oder einem mittelgroßen Apfel erreichen lässt.
Verdauung fördernd | Verdauung hemmend |
Sauerkraut | Schokolade |
Sauerkrautsaft | Kakao |
Rhabarber | Weißbrot |
Rhabarbersaft | Kekse |
Gemüse, insbesondere Mohrrüben | Bananen |
Grünkohl | Äpfel |
Dörrobst | gekochte Milch |
Frischobst | Rotwein |
Bier | Kartoffeln |
Der Effekt von Quellstoffen
Weizenkleie als Wasserträger nimmt im Darm Wasser auf, wodurch die Kleie aufquillt und sich das Volumen erhöht, was die Darmbewegung anregt. Dazu müssen mit der Weizenkleie mindestens zwei Gläser Wasser oder Saft aufgenommen werden. Andernfalls entzieht die Weizenkleie Wasser aus dem Darm, was dann wieder gegenteilig wirken kann. Leinsamen und Flohsamen quellen im Darm auf und setzen Schleim frei, der den Speisebrei darmgängiger macht. Leinsamen kann auch über Nacht in einem Glas Wasser eingeweicht und dann am Morgen getrunken werden.
Joghurt, Buttermilch oder Kefir werden bei Darmträgheit empfohlen und können als Zwischenmahlzeit angeboten werden. Betroffene Personen sollten unbedingt zum Trinken angehalten werden. Empfohlen wird, am Tag etwa 1,5 bis 2 Liter zu sich zu nehmen, auch Alkohol, Kaffee oder Tee sind erlaubt.
Leibwaschung nach Kneipp
Die Methode, die auch als „Kneipp’sche Einschlaf- und Abführpille“ bezeichnet wird, kommt aus der Wasseranwendung und wirkt sowohl mild abführend als auch entspannend und schlaffördernd. Die Anwendung wird an der liegenden Person vorgenommen. Mit einem feuchtkalten Tuch in der Größe eines Waschlappens wird der Bauch im Uhrzeigersinn etwa 20-mal mit kreisenden Bewegungen abgerieben. Da sich das Tuch nach fünf Umkreisungen erwärmt hat, muss es in kaltem Wasser neu befeuchtet werden. Vor der Anwendung sollte der Betroffene gut gewärmt sein. Nach der Anwendung soll eine wohlige Wärme und Entspannung erlebt werden.
Bei fröstelnden Personen ist von der Anwendung eher abzuraten. Dann könnte eine warme Auflage günstiger sein. Dazu wird ein Handtuch in warmes Wasser gelegt, ausgewrungen und auf den Bauch gelegt. Wenn sich am Ort ein Kneippverein befindet, kann dort auch nachgefragt werden. Oft gibt es Mitglieder, die gerne beraten oder anleiten.
Komplikationen bei Verstopfung
Die häufigste Komplikation bei einer Verstopfung ist die Stuhlverhärtung, die zu sogenannten Kotsteinen führt, die nicht mehr ausgeschieden werden können. Oft läuft flüssiger Stuhl aus dem oberen Darmabschnitt an den Stuhlverhärtungen vorbei, was als Schmierstuhl beschrieben wird. Das ist eine wichtige Beobachtung und sollte dem Arzt oder einer Pflegeperson mitgeteilt werden.
Zur Behandlung muss der harte Stuhl durch Fettzäpfchen aufgeweicht werden. In hartnäckigen Fällen muss der Darm mit dem Finger ausgeräumt werden. Das ist für die betroffenen Personen oft schmerzhaft und wird in der Regel auch als sehr peinlich erlebt. Vor diesen Maßnahmen ist eine ärztliche Abklärung zu empfehlen. Empfohlen wird auch, das Ausräumen von einer erfahrenen Pflegeperson vornehmen zu lassen oder sich durch eine Fachperson anleiten zu lassen.
Durch die Ausscheidung des harten Stuhls bei Obstipation kommt es häufig zu Einrissen an der Darmwand oder dem Schließmuskel. Das ist nicht gefährlich, jedoch mitunter sehr unangenehm. Die Einrisse brennen und jucken oder sind schmerzhaft. Deshalb sollte in diesem Fall der Arzt informiert werden.
Keine Abführmittel ohne Absprache
Häufig nehmen Betroffene Abführmittel ein, was dann zu Durchfällen und als deren Folge wieder zur Obstipation führen kann. So entsteht ein Teufelskreis, der unbedingt unterbrochen werden muss. Deshalb sollen Abführmittel nur nach ärztlicher Anordnung und unter fachlicher Kontrolle eingenommen werden. Stuhlgangsbeschwerden sind eine ernsthafte Störung im Wohlbefinden und in der Lebensqualität – und keine banale Sache. Sie sind behandlungswürdig und gehören in ärztliche Hand. Die hier gegebenen Empfehlungen können die medizinische Behandlung sinnvoll ergänzen.