Intensivpflege-WGs: Selbstständigkeit fördern
Menschen mit künstlicher Beatmung oder Versorgung über ein Tracheostoma, die nicht mehr in einer Klinik betreut werden müssen oder können, benötigen auch weiterhin professionelle Betreuung. Eine Möglichkeit ist die außerklinische Intensivpflege im eigenen Zuhause im Kreis der Liebsten und mit einer Eins-zu-eins-Betreuung durch feste Pflegekräfte.
Dies ist allerdings aufgrund der räumlichen oder familiären Situation nicht immer umsetzbar oder zu belastend für die Angehörigen. Auch schrecken viele davor zurück, die Patientin oder den Patienten (im Folgenden Patient) in einem Pflegeheim unterzubringen.
Ein Mittelweg beziehungsweise eine mögliche Alternative kann dann eine Unterbringung in einer sogenannten außerklinischen Intensivpflege-Wohngemeinschaft (WG) sein, in der sowohl Erwachsene als auch Kinder und junge Erwachsene versorgt werden können.
Selbstständigkeit und Eigenverantwortung fördern
In einer Intensivpflege-WG können Patienten, soweit es medizinisch möglich ist, selbstbestimmt leben. Die Förderung von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung steht in einer Intensivpflege-WG im Mittelpunkt, genauso wie Privatsphäre und individuelle Lebensqualität. Die Betroffenen haben ihren persönlichen Wohnraum, der individuell mit eigenen Möbeln und persönlichen Gegenständen eingerichtet werden kann.
Gleichzeitig können sie, sofern sie möchten, aber auch Gemeinschaftsräume nutzen und das Miteinander mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erleben. Darüber hinaus können Angehörige jederzeit zu Besuch kommen und auch über Nacht bleiben.
Das Pflegepersonal ist dabei rund um die Uhr vor Ort und stellt die erforderliche Intensiv- und Beatmungspflege sicher. Ein festes Team kümmert sich um die Patienten und kennt deren Vorlieben und Wünsche sowie Besonderheiten, auf die zu achten ist. Da in Wohngemeinschaften zur Intensivpflege maximal zwölf Personen wohnen, entsteht eine gute persönliche Bindung. Personalausfälle aufgrund von Urlaub oder Krankheit können dabei einfacher kompensiert werden als in einer Eins-zu-eins-Versorgung.
Von der künstlichen Beatmung entwöhnen
Manche Anbieter entwickeln für alle Patienten ein individuelles Konzept, das sich am Ausmaß der Pflegebedürftigkeit, den persönlichen Ansprüchen und Bedürfnissen sowie der häuslichen Situation der Betroffenen orientiert. Ein Netzwerk aus Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Fachkliniken arbeitet bei einigen Anbietern dabei eng zusammen. Neben Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie werden häufig Atem-, Aroma-, Klang-, Musik- und Hundetherapie sowie Fußreflexzonenmassagen angeboten
Außerdem steht das sogenannte „Weaning“ im Fokus: Im Austausch mit den Kliniken werden regelmäßig die Optionen zur Entwöhnung von der künstlichen Beatmung und bei nicht beatmeten Patienten das Entfernen der Trachealkanüle überprüft mit dem Ziel, die Patienten wieder in ein weitgehend normales Leben zurückzuführen. Je nach Anbieter kann sich das Angebot allerdings unterscheiden.
Wer übernimmt die Kosten
Für die außerklinische Intensivpflege in einer WG müssen die Patienten für die Wohnraummiete und die Kosten für Lebensmittel aufkommen. Die Kosten für den ambulanten Pflegedienst übernimmt die Krankenkasse, wenn der Medizinische Dienst eine Intensivindikation attestiert.
Die passende Wohngemeinschaft finden
Bei der Suche nach einer passenden WG helfen verschiedene Online-Portale, die ambulante Pflegeeinrichtungen gelistet haben, und Krankenkassen weiter – manchmal hat auch der Sozialdienst einer Klinik Informationen über freie WG-Plätze. Angehörige sollten die Einrichtungen, die einen freien Platz haben und infrage kommen, persönlich besuchen, um das Pflegekonzept, Personal, Patienten und Räumlichkeiten besser kennenzulernen.
So fällt es leichter einzuschätzen, ob sich die pflegebedürftige Person in der Unterkunft wohlfühlt: Es sollte u. a. ausreichend Platz vorhanden und ein ungehinderter Zugang mit dem Rollstuhl möglich sein. Wichtig ist im Notfall zudem ein schneller Transport. Idealerweise ist ein Krankenhaus in weniger als 15 Fahrminuten erreichbar. Darüber hinaus sollte eine Intensivpflege-WG über ein gutes Netzwerk an Fachärztinnen und -ärzten und Therapiezentren verfügen.
Ist die Wahl auf eine Wohngemeinschaft gefallen, unterstützt in der Regel der WG-Anbieter die Angehörigen bei allen notwendigen Schritten – sowohl bei Anträgen, etwa für Pflegegrad und Zuschüsse, als auch bei persönlichen Sorgen und Nöten. Um Hilfsmittel und für die Intensivpflege notwendige Gerätschaften kümmert sich idealerweise eine Überleitmanagerin oder ein Überleitmanager beziehungsweise eine Case Managerin oder ein Case Manager, sodass Pflegebedürftige ab dem Einzug gut versorgt sind.



