Welt-Alzheimertag: Mehr Teilhabe für Erkrankte

Welt-Alzheimertag: Mehr Teilhabe für Erkrankte

Unter dem Motto „Demenz – genau hinsehen!“ findet am 21. September wie in jedem Jahr seit 1994 der Welt-Alzheimertag statt. In der „Woche der Demenz“ werden vom 20. bis 26. September bundesweit vielfältige Aktionen organisiert, um auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen.
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Getty Images/Cravetiger

Ausbau der klinischen Forschung gefordert

In Deutschland leben aktuell rd. 1,7 Mio. Menschen mit einer Demenz-Erkrankung. Im Zuge der steigenden Lebenserwartung nimmt die Zahl der Erkrankten weiter zu und wird nach Ansicht der Deutschen Alzheimer Gesellschaft bis 2050 auf 3 Mio. steigen.

Wegen des hohen und langen Pflegeaufwands sei noch völlig unklar, wie die sozialen Sicherungssysteme personell und finanziell diese Herausforderung meistern werden, gab das Vorstandsmitglied der Hirnliga – der Vereinigung der deutschen Alzheimerforscher –, Oliver Peters, anlässlich des Aktionstags zu bedenken.

„Vor diesem Hintergrund gilt es dringend, die Forschung zur Vorbeugung und Behandlung zu verstärken, denn es gibt bis heute noch kein Medikament zur Heilung der Alzheimerkrankheit und es sieht auch nicht so aus, als ob wir zeitnah damit rechnen können.“

Den Menschen hinter der Krankheit sehen

Allerdings sei schon heute Unterstützung möglich, betonte die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, Monika Kaus. Werde die Diagnose Demenz gestellt, sähen viele nur noch die Krankheit und nicht mehr den Menschen.

Doch Menschen mit Demenz verfügten über Fähigkeiten, wollten selbstbestimmt leben und sich aktiv einbringen.

Wie dringend Unterstützung nötig sei, habe die Corona-Pandemie sehr deutlich gezeigt.

„Das Leid, das Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in dieser Zeit durch Kontaktverbote in Heimen und den Wegfall der Unterstützungsangebote erfahren haben, wollen wir nicht noch einmal erleben. Wir müssen alles dafür tun, damit durch gute Konzepte Menschen nicht wieder allein gelassen werden. Die Pandemie hat uns auch gezeigt, wie wichtig Flexibilität ist.“

Alterspsychiater fordern mehr Behandlung von Menschen mit Demenz in jedem Stadium

Für den Präsidenten der Deutschen Alterspsychiater, Michael Rapp, werden umfassende Therapie- und Behandlungsangebote nicht ausreichend umgesetzt.

In Frühstadien der Erkrankung fehlten oft rehabilitative Ansätze, die den Verlauf der Demenz verzögern könnten, in fortgeschrittenen Stadien fehlten aufsuchende multiprofessionelle Behandlungsangebote, und in Pflegeheimen ließen sich therapeutische Ansätze oft nur unzureichend umsetzen.

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) forderte anlässlich des Welt-Alzheimertags ein Umdenken im Umgang mit der Krankheit. KDA-Vorsitzender Helmut Kneppe betonte:

„Statt Erkrankte zu isolieren, müssen teilhabeorientierte Lebenssituationen geschaffen werden.“

Dabei sei die Gestaltung von reizvollen, anregenden Wohnsettings ein wichtiger Aspekt, der die Verbesserung der Situation für Alzheimer-Erkrankte und ihre Angehörigen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehe.

Neue Wohnformen für an Demenz Erkrankte entwickeln

Nach KDA-Ansicht sollten Pflegende und Gepflegte mehr über die Gestaltung des Pflegearrangements (mit-)entscheiden. So gehe es z. B. auch darum, für Menschen mit Demenz mehr Entscheidungsteilhabe mittels „gestützter Entscheidungsfindung“ zu ermöglichen und neue Wohnformen zwischen Heim und Häuslichkeit wie sog. Clusterwohnen, Pflegewohngemeinschaften oder Quartiershäuser weiterzuentwickeln.

„In einer entsprechend angepassten Lebenssituation finden Menschen mit einer Alzheimererkrankung Orientierung und Anregungen zum sozialen Austausch.“

Der KDA-Vorsitzende hob hervor, dass die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen nicht nur eine Aufgabe von Politik und Wissenschaft sei:

„Über die Gestaltung angepasster Wohnformen hinaus setzt die Integration und die Teilhabe von Menschen mit altersbedingten Einschränkungen einen Wandel der Gesellschaft hin zu einer sorgenden Gemeinschaft voraus. Wir sollten das Altern als Chance betrachten, die viele Möglichkeiten bietet, wenn wir die Möglichkeitsräume schaffen.“