Handlungsempfehlung zur Stärkung pflegender Angehöriger

Handlungsempfehlung zur Stärkung pflegender Angehöriger

Der Bundesverband „wir pflegen – Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger“ hat am Montag einen Masterplan zur Entlastung und Stärkung pflegender Angehöriger vorgelegt. Die 16-seitige Handlungsempfehlung richtet sich an die Teilnehmenden der aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP.
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Getty Images/Westend61

Position der 5 Mio. pflegenden Angehörigen stärken

Rd. 5 Mio. pflegende Angehörige seien die tragende Säule im Pflegesystem – im Sondierungspapier der voraussichtlich künftigen Ampelregierung würden sie aber nicht einmal erwähnt, so der Vorwurf des Verbands.

Der Vorstand von „wir pflegen“, Frank Schumann, sagte am Montag:

„Der echte Pflegenotstand zeigt sich in der Häuslichkeit. Die Ampel-Koalition hat jetzt die einmalige Chance, die bisherigen Versäumnisse in der Pflegepolitik zu korrigieren. Wir benötigen schnellstens einen Masterplan Pflege und keine Politik der kleinen Schritte. Neben Verbesserungen der professionellen Pflege muss die häusliche Pflege im Koalitionsvertrag berücksichtigt werden, schließlich werden 80 Prozent der hilfebedürftigen Menschen von ihren An- und Zugehörigen gepflegt und versorgt.“

36-monatige Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige einführen

Der Bundesverband hat insgesamt 8 Punkte ausgearbeitet, mit denen pflegende Angehörige künftig als gleichberechtigte Partner in der Pflege agieren könnten:

  • Weiterentwicklung der Entlastungsleistungen mit Entlastungsbudget
    – Einzelbudgets für Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, Tagespflege, Entlastungsbetrag und Pflegehilfsmittelpauschale zusammenführen
    – bürokratische Hürden und einschränkenden Regularien der Nutzung abbauen
    – Dynamisierung des Budgets mind. in Höhe der Inflationsrate
  • Keine Armut durch Pflege und bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
    – Verbesserung der rentenrechtlichen Absicherung pflegender Angehöriger vor und nach dem Altersrenteneintritt
    – Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf etwa über die Zahlung einer Lohnersatzleistung für 36 Monate analog zum Elterngeld
  • Bedarfsgerechte Weiterentwicklung von Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflegeangeboten sowie ambulanter Pflegeversorgung
    – Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Tagespflege analog zum Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung
    – Entwicklung und Erprobung von Angeboten für spezielle Betroffenengruppen, z. B. pflegebedürftige Kinder und Erwachsene unter 60 Jahren mit rein körperlichen Einschränkungen
  • Planung und Steuerung
    – Einberufung eines Pflegegipfels
    – Erarbeitung eines Masterplans Pflege, der ressort- und akteursübergreifend die Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung angeht
  • Beteiligung pflegender Angehöriger an Entscheidungsprozessen (Partizipation)
    – Aufnahme einer Interessenvertretung pflegender Angehöriger mit Stimmrecht in die Landespflegeausschüsse der Länder
    – Regelmäßiger Erfahrungsaustausch mit dem Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung
  • Entwicklung und Förderung zielgerichteter Entlastung für spezielle Zielgruppen von pflegenden Angehörigen, z. B. Familien pflegebedürftiger Kinder und pflegende Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
    – Schaffung verlässlicher Betreuungs- und Entlastungsangebote für pflegende Familien
    – Einbindung eines landesweiten telefonischen und digitalen Beratungsangebots für pflegende Kinder und Jugendliche in das regionale Hilfenetz
  • Finanzierung der Pflege
    – Deckelung der Pflegeeigenanteile
    – Anspruch auf eine Pflegevollversicherung
  • Weiterentwicklung von Information und Beratung in der häuslichen Pflege
    – Weiterentwicklung der Pflegeberatung zu einer neutralen, zugehenden, qualifizierten und unabhängigen Pflegeberatung aus einer Hand
    – Gewährleistung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Durchführung der Beratungsbesuche