Ein Sturz kann für Pflegebedürftige weitreichende Folgen haben: Brüche, Prellungen, Kopfverletzungen und nicht zuletzt das fehlende Vertrauen in die eigene Mobilität. Auch für Sie als pflegende Angehörige ist es eine belastende Situation, wenn Sie plötzlich mit einem Sturz konfrontiert werden. Einerseits gilt es, Ihr Familienmitglied in der Akutsituation sofort bestmöglich zu versorgen und Erste Hilfe zu leisten. Andererseits müssen Sie einschätzen können, ob eine ärztliche Behandlung oder gar der Rettungsdienst notwendig ist.
Nicht zuletzt gilt es auch, die Ursache für den Sturz herauszufinden. Hier kommen viele Möglichkeiten infrage.
Was sind Ursachen für einen Sturz?
Stürze von pflegebedürftigen Menschen entstehen häufig durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren:
- Körperliche Gegebenheiten: Muskelschwäche, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Sehprobleme oder Nebenwirkungen von Medikamenten erhöhen das Risiko für einen Sturz.
- Psychische Ursachen: Unsicherheit, Desorientierung oder Verwirrtheit können bewirken, dass Bewegungen unkontrolliert ablaufen und zu einem Sturz führen.
- Umgebung: Teppichkanten, glatte Böden, schlechte Beleuchtung oder fehlende Haltegriffe begünstigen Stürze im Alltag.
- Situationsbedingt: Eile beim Toilettengang, Aufstehen in der Nacht oder das Tragen ungeeigneter Schuhe spielen ebenfalls eine Rolle.
Zu einem Sturz kommt es besonders oft im Badezimmer, auf Treppen oder beim Wechsel vom Sitzen zum Stehen. An diesen Orten und während dieser Situationen ist also besondere Vorsicht geboten.
Was tun im Akutfall? Erste Hilfe nach einem Sturz
Was können Sie zu Hause tun?
Wenn Ihr Angehöriger gestürzt ist, ist besonnenes Handeln gefragt. Folgende Schritte helfen Ihnen dabei, Erste Hilfe zu leisten:
- Ruhe bewahren und Überblick verschaffen
Versuchen Sie, nicht panisch zu reagieren, um zusätzliche Aufregung zu vermeiden. Im besten Fall können Sie Ruhe ausstrahlen, um Ihrem Angehörigen Sicherheit zu geben. Machen Sie sich ein Bild von der Situation: Wie liegt die Person? Gibt es einen offensichtlichen Grund für den Sturz? Ist Ihr Familienmitglied ansprechbar? - Prüfen des Zustandes
Gibt es offensichtliche Verletzungen wie offene Brüche, Blutungen oder Fehlstellungen von Gliedmaßen? Äußert die Person Schmerzen? Kann sie klar benennen, was passiert ist und welche Beschwerden sie hat? - Keine übereilten Bewegungen
Versuchen Sie nicht sofort, die gestürzte Person hochzuziehen. Halten Sie sie dazu an, erst einmal liegen zu bleiben. Bestimmte Verletzungen können sich durch hastige Bewegungen verschlimmern! Liegen nur leichte oder keine offensichtlichen Beschwerden vor, sollten erst einmal vorsichtige, bedachte Bewegungen erfolgen. Aufstehen sollten Betroffene erst, wenn keine Symptome wie Schwindel, Schwäche oder Schmerzen bestehen.Dann ist es ratsam, Ihr Familienmitglied beim Aufstehen zu unterstützen:
• Wenn verfügbar, stellen Sie einen Stuhl, wenn möglich mit Armlehnen, nahe an den Gestürzten heran.
• Lassen Sie die Person zunächst seitlich auf den Bauch oder Rücken rollen.
• Ein kurzes Verharren im Vierfüßlerstand gibt eine stabilere Ausgangsposition.
• Nun kann der Gestürzte ein Bein hochstellen und sich am Stuhl haltend aufrichten.
• Sie können unterstützen, indem Sie die Person von hinten umfassen und am besten am Hüftbereich stützen und nach oben ziehen.
• Helfen Sie Ihrem Familienmitglied dabei, sich so zu drehen, dass es auf dem Stuhl zum Sitzen kommt. Zeigen sich hier keine weiteren Beschwerden, kann Ihr Angehöriger vorsichtig ins Stehen kommen. Sie können dabei helfen, indem Sie am Ellenbogen unterstützen. - Schmerzen lindern, Zustand beobachten
Bei Prellungen oder Schwellungen helfen Kühlkompressen und abschwellende Salben. Beobachten Sie Ihren Angehörigen in den folgenden Stunden nach der Ersten Hilfe aufmerksam und fragen Sie immer wieder nach dem Befinden. Verschlechtern sich Beschwerden oder stellen sich neue Symptome ein, sollten Sie ärztlichen Rat einholen. - Vorfall festhalten
Machen Sie sich eine kurze Notiz im Kalender, wann der Sturz passiert ist und welche Umstände dazu geführt haben. Sollte im Nachhinein doch noch eine Behandlung nötig sein, können Sie so die wichtigsten Informationen schnell an das medizinische Personal geben.
Wann zum Arzt?
Ist Ihr Angehöriger nicht schwer verletzt, aber spürt nach dem Sturz noch leichte bis mäßige Schmerzen oder andere Symptome wie z. B. Bewegungseinschränkungen, sollten Sie zusammen zeitnah einen Arzt aufsuchen. Am besten beschreiben Sie die vorliegenden Beschwerden schon bei der Terminsuche, damit die Mitarbeiterin am Telefon einschätzen kann, wie dringend die Untersuchung erfolgen muss.
An Wochenenden oder Feiertagen können Sie die Service-Telefonnummer 116 117 wählen. Dort können Sie die Beschwerden schildern und sich von Fachleuten beraten lassen, ob es nötig ist, noch am selben Tag eine Bereitschaftspraxis oder Notaufnahme aufzusuchen.
Wann den Rettungsdienst rufen?
Es gibt Situationen, in denen sofort notärztliche Hilfe erforderlich ist. Sie sollten den Rettungsdienst unter 112 verständigen, wenn:
- Ihr Angehöriger bewusstlos ist oder war.
- Ein Schock vorliegen könnte. Dieser äußert sich z. B. in starkem Frieren, Blässe, hektischer Atmung oder Apathie.
- Eine Kopfverletzung vermutet wird oder offensichtlich vorliegt (vor allem mit Übelkeit, Schwindel oder Bewusstseinsstörungen).
- Starke Schmerzen bestehen.
- Eine sichtbare Fehlstellung auf einen Bruch hinweist.
- Die Person nicht aufstehen kann.
- Blutungen nicht gestillt werden können.
- Sie unsicher sind, wie ernst die Verletzung ist.
Zögern Sie nicht, den Rettungsdienst zu rufen. Die Rettungskräfte nehmen es Ihnen nicht übel, wenn die Verletzungen sich letztendlich doch nicht als so schlimm erweisen.

Die Sturz-Ampel
Unsere Sturz-Ampel zeigt Ihnen, was Sie tun können oder sollten, wenn Ihr Angehöriger gestürzt ist.
Wie können Stürze im häuslichen Umfeld vermieden werden?
Viele Stürze von Pflegebedürftigen können durch eine gezielte Prävention vermieden werden. Schon kleine Anpassungen und erhöhte Vorsicht reduzieren das Risiko.
- Wohnumfeld anpassen: Entfernen Sie Stolperfallen wie lose Teppiche, herumliegende Kabel oder andere Gegenstände, über die man fallen könnte. Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung, auch nachts. Installieren Sie Haltegriffe am Bett, im Bad oder auch an Wänden. Bitten Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen gegebenenfalls, Treppen am besten nur mit Unterstützung zu nutzen.
- Hilfsmittel einsetzen: Gehstöcke, Rollatoren, Duschsitze oder rutschfeste Schuhe geben zusätzliche Sicherheit.
- Nebenwirkungen beobachten: Manche Präparate verursachen Schwindel oder Benommenheit. Vor allem, wenn Dosierungen gesteigert oder neue Medikamente eingenommen werden, sollten Sie auf solche Nebenwirkungen achten.
- Regelmäßige Bewegung: Je stärker die Muskeln und je beweglicher der gesamte Körper, desto besser können Stürze abgefangen werden. Je nach Gesundheitszustand ist es empfehlenswert, dass Sie Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied bei der Absolvierung von entsprechenden gymnastischen Übungen unterstützen. Es gibt sogar spezielle Sturz-Trainings für Pflegebedürftige. Hierzu beraten Kranken- und Pflegekassen, Pflegeberatungsstellen, Pflegedienste oder Seniorenzentren.
- Seh- und Hörhilfen: Unscharfes Sehen oder vermindertes Hörvermögen erhöhen das Risiko für einen Sturz. Achten Sie darauf, dass Seh- und Hörhilfen auf eventuell verschlechterte Werte angepasst werden.
- Routinen schaffen Ruhe: Planen Sie den Tagesablauf so, dass keine Hektik aufkommt und bestimmte Handlungsabläufe zur Gewohnheit werden. Ausreichend Zeit für den Toilettengang und die Badroutine ist wichtig. In der dunklen Jahreszeit sollte rechtzeitig das Deckenlicht angehen und nachts die Nachtlichter nicht vergessen werden. Zeitschaltuhren oder Smart-Home-Funktionen können dabei sehr hilfreich sein.
