Mehrheit der jungen Menschen bereit für Angehörigenpflege
Rund ein Drittel der jungen Menschen kann sich dem Report zufolge allerdings nicht vorstellen, Angehörige zu pflegen. Sie geben dafür verschiedene Gründe an: Ein Großteil traut sich Pflegetätigkeiten nicht zu (63 %). Für die Hälfte ist die Pflege nicht mit dem Beruf vereinbar (49 %) und 44 % fürchten seelische Belastungen.
DAK-Vorstandschef, Andreas Storm, sagte während der Vorstellung des Berichts am Dienstag in Hamburg:
„Die hohe Bereitschaft junger Menschen, sich bei der Pflege zu engagieren, ist bemerkenswert.“
Dem Bericht zufolge hat ein Viertel der jungen Menschen in Deutschland bereits Pflegeerfahrungen gesammelt. Bei mehr als der Hälfte von ihnen war die zu pflegende Person die Großmutter oder der Großvater.
Der wissenschaftliche Betreuer der Studie, Thomas Klie, von der Evangelischen Hochschule Freiburg erläuterte, dass die Pflege weniger als eine moralische Pflicht gesehen werde, sondern aus familiärer Verbundenheit geschehe.
Zwei Fünftel der für den Report Befragten wünschen sich die Pflege eines nahen Angehörigen zuhause durch die Familie gemeinsam mit einem Pflegedienst oder einer festen Pflegefachperson.
Ambulante Pflege stärker in Blick nehmen
Klie zufolge nehmen rd. 70 % der zuhause versorgten Menschen allerdings keine Beratungsangebote oder Unterstützung von einem ambulanten Pflegedienst in Anspruch. Er forderte deshalb von der kommenden Bundesregierung, die Pflege zu Hause stärker in Blick zu nehmen, und warnte:
„Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werden wir bald an die Kapazitätsgrenzen in Pflegeheimen stoßen. Wir müssen sicherstellen, dass pflegende Angehörige umfassend unterstützt werden, um ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, wird die Situation der Pflege weiter eskalieren.“
DAK-Vorstandschef Storm forderte, pflegende Angehörige besser vor Armut zu schützen und von der Haushaltsarbeit zu entlasten.
Es sei nicht selbstverständlich, dass junge Menschen aufgrund der Pflege ihrer Angehörigen berufliche und finanzielle Nachteile in Kauf nähmen müssten.
„Wir müssen einen festen Rahmen schaffen, in dem es kein Entweder-Oder gibt.“
Pflegende Angehörige entlasten
Eine stärkere Unterstützung bei der Weiterführung des Haushalts und der Kinderbetreuung für jüngere pflegende Angehörige könne ein Ansatzpunkt sein; ebenso ein gesetzlicher Anspruch auf Zuschüsse zu Weiterbildungskosten und unterstützende Angebote, um einen Pflegemix von Angehörigenpflege und professioneller Fachpflege zu ermöglichen.
Es sei Aufgabe der kommenden Bundesregierung, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu schaffen.
Für die Untersuchung befragte das Institut für Demoskopie Allensbach 1.310 Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und 39 Jahren. Darunter waren 443 Personen, die bereits Angehörige gepflegt haben.
Laut Statistischem Bundesamt wurden Ende 2019 von den 4,1 Mio. Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, 80 % zu Hause gepflegt.