Kabinett beschließt Regelungen zur Triage

Kabinett beschließt Regelungen zur Triage

Ältere Menschen und Menschen mit Behinderung dürfen nicht benachteiligt werden, wenn aufgrund der Pandemie nicht genug Intensivbetten zur Verfügung stehen. Das geht aus einem entsprechenden Gesetzesentwurf hervor, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat.
Kabinett beschließt Regelungen zur Triage
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Gebe es aufgrund einer übertragbaren Krankheit wie bspw. COVID-19 keine ausreichenden intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten, sei die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit das maßgebliche Kriterium für die Zuteilungsentscheidung (Triage), so das Bundesgesundheitsministerium (BMG).

Der Gesetzesentwurf regele die maßgeblichen Kriterien und Verfahrensvorschriften für die Zuteilungsentscheidung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dazu:

„Wer ein Intensivbett benötigt, muss es bekommen – auch in der Pandemie.“

Daher werde er sich durch die Bekämpfung der Pandemie weiterhin in erster Linie dafür einsetzen, dass Engpässe in der intensivmedizinischen Versorgung gar nicht erst entstünden.

„Gleichzeitig tragen wir mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Schutzpflicht Rechnung und stellen klar, dass Menschen mit Behinderungen oder Hochaltrige auch in Zeiten knapper Kapazitäten nicht benachteiligt werden dürfen.“

Triage: Gesetzesentwurf sieht klare Regeln vor

Der Gesetzesentwurf sehe u. a. die Gleichbehandlung für alle Patientinnen und Patienten (im Folgenden: Patienten) unabhängig von der Ursache der intensivpflichtigen Behandlungsbedürftigkeit vor, wenn aufgrund der Pandemie nicht genügend intensivmedizinische Behandlungskapazitäten vorhanden sein sollten.

Das maßgebliche Kriterium für die Zuteilungsentscheidung solle dabei die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit sein. D. h. weitere Erkrankungen dürften nur eingeschränkt berücksichtigt werden.

Kriterien wie insbesondere Alter, Behinderung und Grad der Gebrechlichkeit, die sich auf die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit nicht auswirken, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Der Entwurf schließe zudem ausdrücklich aus, dass eine bereits begonnenen, noch erfolgversprechende, Behandlung zugunsten eines anderen Patienten mit einer höheren aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen werde (Ausschluss der Ex-Post-Triage).

Die Entscheidung müsse dabei stets im Mehraugenprinzip getroffen werden. Dabei sei die Einschätzung einer Person mit Fachexpertise zu berücksichtigen, wenn ein Patient mit einer Behinderung oder anderen Erkrankungen von der Entscheidung betroffen sei, so das BMG weiter.

Darüber hinaus regele der Gesetzesentwurf die Dokumentationspflichten der Krankenhäuser.

Hintergrund

Der Gesetzesentwurf diene der Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom 16. Dezember 2021 zu Benachteiligungsrisiken insbesondere von Menschen mit Behinderungen im Fall der sog. Triage.

Ende vergangenen Jahres hatte das BVG entschieden, dass der Staat in bestimmten Konstellationen ausgeprägter Schutzbedürftigkeit eine Pflicht habe, Menschen wirksam vor einer Benachteiligung wegen ihrer Behinderung zu schützen.

Eine solche Situation sah das BVG in dem Risiko einer Benachteiligung von Menschen mit Behinderung im Fall einer Triage.