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FAQ
Hilfsmittel wieder verwenden, geht das?

Eine wichtige Frage, die zuallererst geklärt werden sollte, ist diese: Wem gehört das Hilfsmittel? Die meisten Hilfsmittel in Deutschland werden von gesetzlichen Krankenkassen oder der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt. Und hier kommt es auf den Einzelfall an.

Das Wichtigste zuerst: Wem gehört das Hilfsmittel?

Wenn das Hilfsmittel wie in § 33 Abs. 5 SGB V vorgesehen nur leihweise zur Verfügung gestellt wurde, bleibt es im Eigentum der Krankenkasse und muss nach der Nutzung in der Regel wieder zurückgegeben werden. Dies ist häufig der Fall, wenn es sich um kostenintensive, langlebige und auch für andere Versicherte einsetzbare Produkte wie Pflegebett, Rollstuhl oder Rollator handelt. Wird das Hilfsmittel nicht mehr benötigt, lässt die Krankenkasse das Produkt zurückholen. Es wird technisch geprüft, gegebenenfalls repariert und zudem hygienisch aufgearbeitet und geht dann beim nächsten Versicherten in den sogenannten „Wiedereinsatz“.

Gleiches gilt auch für Produkte, die von Händlern und Sanitätshäusern im Auftrag der Krankasse an den Versicherten, z.B. im Rahmen einer Fallpauschale, verliehen werden.

Besonderheit: Aufzahlung bei Fallpauschale

Immer öfter werden Hilfsmittel auch im Rahmen einer Fallpauschale gewährt. Hier erhält der Hilfsmittelerbringer vom Kostenträger ein gewisses Nutzungsentgelt, die „Fallpauschale“. Damit wird das Sanitätshaus nicht nur zur Überlassung des Hilfsmittels verpflichtet, sondern auch zur Vornahme von beispielsweise Einweisungen oder während der Nutzungszeit erforderlichen Reparaturen bis hin zur Ersatzbeschaffung. Alle diese Leistungen werden durch die Pauschale vergütet. Auch wenn ein Versicherter eine freiwillige Aufzahlung leistet, um eine höherwertiges oder bestimmtes Produkt zu erhalten, folgt daraus nicht automatisch, dass sie Eigentum am Produkt erwerben. Hier kommt es auf die individuelle Regelung im Einzelfall an.

In beiden Fällen erwirbt der Versicherte kein Eigentum am Hilfsmittel, er bekommt es nur „geliehen“. Hieraus folgt auch, dass z.B. nach dem Tod des Versicherten die Erben das Produkt zurückgegeben müssen. Denn mit dem Erbfall gehen alle Rechte und Pflichten des Erblassers auf den Erben über und somit auch die Pflicht, das geliehene Hilfsmittel in einem ordnungsgemäßen Zustand dem Eigentümer zurückzugeben.

Leihe

Bei der leihweisen Abgabe von Hilfsmitteln handelt es sich um eine Leihgabe im klassischen Sinne. Das heißt, die entleihende Person (hier z. B. die Krankenkasse oder der Händler) gestattet die Nutzung des Hilfsmittels für einen bestimmten Zeitraum oder auch – je nach Fall – unbefristet. Die entleihende Person (hier der Versicherte) verpflichtet sich dazu, den Leihgegenstand sach- und ordnungsgemäß zu behandeln und ihn nach Ablauf der Leihfrist unversehrt zurückzugeben. Sind Schäden an dem Gegenstand entstanden, haftet die entleihende Person gemäß § 599 BGB nur, wenn der Schaden durch fahrlässiges Handeln entstanden ist. Für Schäden, die unverschuldet oder durch Abnutzung entstanden sind, haftet der Verleiher.

Wurde bei Lieferung der Hilfsmittel ein Eigentumsübergang vereinbart, dies ist häufig bei Verbrauchshilfsmitteln wie Inkontinenzmaterialien oder hygienisch stark beanspruchten Produkten wie einer Toilettensitzerhöhung der Fall, kann der Versicherte – oder dessen Erben – über die Produkte frei verfügen.

TIPP: Bei einer Haushaltsauflösung unbedingt vorab vergewissern, wem die Hilfsmittel gehören. Dazu am Produkt prüfen, ob beispielsweise Aufkleber mit Eigentumsvorbehalte angebracht sind, Lieferscheine und Protokolle sichten und im Zweifel bei der Krankenkasse und dem Sanitätshaus nachfragen.

Auch Hilfsmittel unterliegen strengen Auflagen und Regelungen

Sind die Eigentumsverhältnisse geklärt und Sie können über das Hilfsmittel frei verfügen, so ist zu bedenken, dass es sich hier um ganz spezielle Produkte, sogenannte Medizinprodukte handelt. Diese unterliegen in Europa strengen Auflagen und Regelungen in Bezug auf Sicherheit und Handel, die beachtet werden müssen.

Grundsätzlich ist es zwar erlaubt, ein gebrauchtes Hilfsmittel weiter zu verkaufen oder zu verschenken, doch muss dabei gewährleistet sein, dass das Produkt weiterhin sicher und funktionstauglich ist und die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Dies ist für einen Laien jedoch kaum umsetzbar, denn es darf keine Gefährdung von dem Produkt ausgehen. Dies zu prüfen ist ohne Fachkenntnisse nicht möglich.

Auch ist es verboten Produkte abzugeben – und dazu zählt auch das Verschenken -, deren Verfallsdatum abgelaufen ist. Zudem muss sichergestellt sein, dass die erforderlichen Herstellerinformationen wie Gebrauchsanweisungen, Reinigungshinweise, Sicherheitshinweise etc. vorliegen. Sehr wichtig ist auch, dass die Kennzeichnung am Produkt (Typenschilder, Label etc.) noch vollständig vorhanden und lesbar sind. Weiterhin gelten für viele Produkte bestimmte vom Hersteller verbindlich definierte Lagerungsbedingungen und wenn diese nicht eingehalten wurden, ist nicht mehr zu garantieren, dass das Produkt noch verwendbar ist.

Privater Verkauf: Erlaubt, aber nicht ratsam

Der private Verkauf oder das Verschenken von Hilfsmitteln ist daher zwar erlaubt, aber wenig ratsam, auch wenn derartige Produkte immer wieder auch auf diversen Online-Plattformen und Flohmärkten gefunden werden. Denken Sie daran, gemäß § 12 MPDG ist es verboten Medizinprodukte – einerlei ob neu oder gebraucht – auf dem Markt bereitzustellen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Produkt, die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter unmittelbar oder mittelbar in einem nicht mehr vertretbaren Maß gefährdet. Verantwortung dafür trägt der Verkäufer.

Auch Hilfsmittel sind keine „Ewigkeitsprodukte“ und wer weiß schon, was der zehn Jahre alte Rollator von Oma so alles durchgemacht hat. Letztendlich wird es also immer auf einen individuellen Abwägungsprozess hinauslaufen. Im Zweifelsfall ist es daher besser, die Produkte an spezielle Händler zu veräußern, die dann auch die erforderlichen Funktionskontrollen und Wiederaufarbeitungen durchführen können.

TIPP: Besonders angefertigte und angepasste Produkte wie Prothesen können nicht gefahrlos von anderen Personen genutzt werden. Hier bedarf es immer der Anpassung und Beratung durch Fachleute. Hier gibt es oft spezielle Wege, z.B. über Spenden, die Produkte nochmals weiterzugeben.

Gebrauchte Hörgeräte

Gebrauchte Hörgeräte findet man bei so mancher Wohnungsauflösung. Doch die unreflektierte Weitergabe solcher Geräte ist wenig ratsam. Die erforderliche Hygiene ist ohne professionelle Aufbereitung kaum zu gewährleisten. Weiterhin ist zu bedenken, dass bereits getragene Hörgeräte immer an das individuelle Hörproblem ihres Vornutzers angepasst wurden und zu keinem weiteren Gehör passen. Beratung und Anpassung ist hier Pflicht und dies kann ein Laie nicht gewährleisten. Spenden ist hier eine Lösung: Viele Hörakustiker und Mitarbeiter von Hörsystemherstellern engagieren sich für hörgeminderte Menschen in Entwicklungsländern, die keinerlei Zugang zu neuen Hörsystemen und adäquater Hörgeräteversorgung haben. Die Geräte werden gesammelt, aufgearbeitet und von Profis angepasst, siehe z. B. Ihr-Hörgertät.de oder Hörstudio Schirner.

Wiederverwertung von Hilfsmitteln sollte angestrebt werden

Gebrauchte Hilfsmittel gibt es zuhauf in Deutschland. Eine konsequente Weiternutzung dieser oftmals sehr teuren und aufwändig hergestellten Produkte kann die Umwelt schonen und die Solidargemeinschaft sowie auch jeden Einzelnen von stetig steigenden Hilfsmittelkosten entlasten. Die Wiederverwertung der Hilfsmittel sollte daher stets angestrebt werden.

Doch anderseits sind auch Sicherheits- und Hygieneaspekte zu berücksichtigen. Nicht umsonst gibt es strenge gesetzliche Regelungen für den Handel und Verkehr mit Medizinprodukten. Hier sind alle beteiligten Personen und Organisationen gefragt, Hilfsmitteln ein „zweites Leben“ zu geben.

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