Hautpflege bei Harn- und Stuhlinkontinenz: Ob jung oder alt – auf die Hautbarriere kommt es an

Ab einem Alter von etwa zwei bis drei Jahren kann der Harndrang bewusst wahrgenommen und willentlich die Blasenentleerung ausgelöst werden. Das Zusammenspiel von Hirnaktivität und Muskelarbeit lässt im höheren Alter häufig nach und führt nicht selten zu einer Form von Inkontinenz, also dem unwillkürlichen Urin- oder auch Stuhlabgang.
Während ein Säugling selbstverständlich mit Windeln versorgt wird und dieser Umstand als natürlich betrachtet wird, zeigen sich bei Erwachsenen, die die Ausscheidungskontrolle verloren haben, oft Schamgefühle oder sogar soziale Ängste.
Unabhängig vom Alter besteht an die Haut und ihre Barrierefunktion allerdings die Anforderung, mit Urin und Stuhl zurechtzukommen, was immer wieder zu Hautproblemen führt und eine angepasste und sensible Hautpflege verlangt.
Menschliche Haut
Die Haut des Menschen ist das größte Organ des Körpers. Sie ist eine Hülle und Grenze, die lebensnotwendige Funktionen und Aufgaben erfüllt. Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, schädliche Einflüsse von außen abzuhalten. Ihr dreischichtiger Aufbau und ihre Barriereeigenschaften unterstützen diese Abwehrfunktion. Das sogenannte Stratum corneum (Hornzellschicht) stellt die äußerste Schicht der Oberhaut dar und funktioniert wie eine Barriere gegen Mikroorganismen, Chemikalien oder Allergene. Hautpflege verfolgt das Hauptziel, diese Barriere zu erhalten und die Haut vor Schädigungen zu schützen. Dies gilt ganz besonders dann, wenn die Haut vermehrt mit Ausscheidungen wie Urin und Stuhl in Berührung kommt.
Besonderheiten der Babyhaut
Die zarte Babyhaut ist drei bis fünf Mal dünner als die Haut eines Erwachsenen und damit auch anfälliger gegenüber äußeren Reizen. Ihre Talg- und Schweißdrüsen sind noch nicht vollständig ausgereift, was auch zur Folge hat, dass sich der schützende Fettfilm zwischen den Hautzellen noch nicht stabilisiert hat. Auch ihre Durchlässigkeit ist erhöht. Babyhaut reagiert rasch mit Rötungen, die aber oftmals auch wieder von alleine weggehen.
Vor allem die Haut bei den Jüngsten (Früh- und Neugeborene sowie Säuglingen bis zu einem Jahr) ist empfindlicher und trocknet schneller aus, wodurch Krankheits-erreger und Keime leichter eindringen können. Im Vergleich zur Haut von Erwachsenen besitzt die Haut von Babys und Kleinkindern eine geringere Barrierefunktion.
Barrierefunktion
Der saure pH-Wert ist eine wesentliche Voraussetzung für die Barrierefunktion der Hornzellschicht. Der Säureschutzmantel, der das Eindringen von Keimen aus der Umwelt aktiv verhindert, wird nach der Geburt erst nach einigen Wochen ausgebildet. Im Gegensatz zu Erwachsenen weist die Haut von Kindern allerdings ein schnelleres Zellwachstum auf. Dies unterstützt die Reifung der Hautbarriere während des ersten Lebensjahres.
Es ist deshalb wichtig, die sensible Babyhaut davor zu bewahren, dass ihre heranreifenden Funktionen nicht gestört werden, denn das kann zu Schädigungen führen, die nicht nur die Haut austrocknen, sondern auch Allergien fördern und Hautkrankheiten hervorrufen können.
Junge Haut weist je nach Alter physiologische und anatomische Besonderheiten auf, vor allem in der Unterscheidung des Reifegrades bei Frühgeborenen, Neugeborenen bis zu vier Wochen nach Geburt und bei Kindern bis zum fünften Lebensjahr. Ab dem zwölften Lebensjahr gleichen die Hauteigenschaften weitgehend der Erwachsenenhaut.
Für die Hautbarriere sind drei Schlüsselwerte, die auch gemessen werden können, wesentlich: die Ausreifung (Verdickung und Verankerung) der Hornzellschicht, die damit verbundene Feuchtigkeitsregulierung und der pH-Wert für den Säureschutzmantel. Bei Neugeborenen liegt der pH-Wert zunächst mit etwa 7 im neutralen Bereich. Innerhalb des ersten Lebensmonats regulieren sich die Werte auf 5,2 bis 5,5.
Die Haut des Babys braucht Unterstützung, um den Säureschutzmantel stabil halten zu können. Für die Pflege gilt also, dass sie die Hautbarriere unterstützen und die Hautreifung nicht stören sollte.
Hautveränderungen bei alten Menschen
Unter Altershaut versteht man ebenfalls eine empfindliche und oft sehr trockene Haut, die an Elastizität, Feuchtigkeit und Schutz verloren hat. Der Feuchtigkeitsverlust führt häufig zur Bildung von Schuppen und juckender Haut. Durch die geänderten pH-Bedingungen der Altershaut (pH-Wert bei 6) verändert sich auch die mikrobielle Besiedelung der Hautoberfläche. Derartige Alterungsprozesse schwächen die Hautbarriere funktionell: Die Haut wird leichter angreifbar durch äußere Einflüsse. Dazu gehören natürlich auch Ausscheidungen, was bei bestehender Inkontinenz eine große Rolle spielt.
Produkte, die die Hautbarriere angreifen, sollten daher möglichst gemieden oder nur kurzzeitig angewendet werden.
Risiko einer „Windel“-Dermatitis
Durch den Kontakt der Haut mit Urin und Stuhl kann es zu schmerzhaften Entzündungsprozessen der Haut kommen – zur sogenannten Inkontinenz-assoziierten Dermatitis (IAD). Bei Kleinkindern wird von Windeldermatitis, Windelausschlag, Windelallergie gesprochen. Meist ist es eine Kombination verschiedener Einflussfaktoren, die sich schädlich auf die Hautbarriere auswirkt, gerade dann, wenn die Ausscheidung von Urin und Stuhl nicht kontrolliert werden kann.
Diese Art der Dermatitis zeigt sich als akut entzündliche Reaktion der Haut im Bereich der Windel bzw. in der Intimregion. Das abgeschlossene, feuchte Milieu darunter begünstigt das Wachstum von Bakterien, der basische Urin beeinträchtigt den Säureschutz der Haut und aktiviert Enzyme aus dem Stuhl (Lipasen und Proteasen), die die Haut angreifen. Aus diesem Grund sollten die Windeln oder Schutzmaterialien möglichst häufig (zweistündlich) gewechselt und die Haut darunter trocken und sauber gehalten werden.
Hautpflege: Hautbarriere erhalten
Trotz der Unterschiede der Hautbeschaffenheit bei den Jüngsten und Ältesten ist das Prinzip bei der Hautversorgung an Körperstellen, die vermehrt mit Urin und Stuhl in Berührung kommen, das Gleiche: die Hautbarriere unterstützen.
Junge Haut
Das regelmäßige Eincremen von Säuglingen ab dem Zeitpunkt der Geburt kann nachweislich die Hautbarriere stärken und einem Ausbruch der atopischen Dermatitis vorbeugen. Deshalb gilt heute die Empfehlung, auch gesunde Neugeborene mindestens zweimal wöchentlich am ganzen Körper mit einer wirkstofffreien Feuchtigkeitscreme einzucremen. Dabei sollte nur eine dünne Schicht aufgetragen werden, damit die Haut weiterhin atmen kann und das Kind nicht unter der Cremeschicht schwitzt.
Für die Reinigung gibt es verschiedene, gleichwertige Methoden: die Reinigung mit Wasser mithilfe von Wattepads oder Waschlappen oder die Reinigung mit geeigneten Feuchttüchern. Letztere wirken meist auf Ölbasis und können ohne Bedenken von der Geburt an bei jedem Windelwechsel verwendet werden.
Dabei sollten sie einen pH-Puffer zur Aufrechterhaltung des Säureschutzmantels der Haut enthalten (beispielsweise einen Citratpuffer aus Citronensäure und Natriumcitrat) und weitgehend auf Reizstoffe wie Alkohol, Duftstoffe, ätherische Öle, Seife und aggressive Tenside wie Natriumlaurylsulfat verzichten. Konservierungsmittel sind in Feuchttüchern dagegen notwendig, um das Wachstum von Bakterien zu vermeiden.
Alte Haut
Vorbeugend sind barrierreaufbauende bzw. barriereschützende Basistherapeutika und Pflegeprodukte anzuwenden. Der regelmäßige, also tägliche Einsatz von feuchtigkeitsspendender Hautpflege inklusive der Reinigung mit tensidarmen, synthetischen Reinigungsmitteln kann den Aufbau einer intakten Hautbarriere unterstützen.
Damit wird der Entwicklung von Erkrankungen der Altershaut wie Infektionen, Irritationen und Juckreiz entgegengewirkt. Hautpflegeprodukte mit einem pH-Wert von 4 verbessern nachweislich die Funktion der Hautbarriere und wirken sich positiv auf die Hautflora aus.
Für die Hautreinigung eignen sich schwach saure oder pH-neutrale Reinigungsprodukte. Die waschaktive Substanz darf nicht auf der Haut bleiben. Zur Rückfettung der Haut empfiehlt sich eine Wasser-in-Öl-Lotion (W/O) möglichst ohne aggressive Konservierungsstoffe und ohne allergene Duftstoffe.
Das primäre Ziel der Präventionsmaßnahmen ist die Stabilisierung der natürlichen Hautbarriere.