Hausnotruf: Individuelle Präferenzen und technische Möglichkeiten

Hausnotrufsysteme gibt es viele, doch nicht jedes eignet sich auch für jedermann gleichermaßen. Welches System das richtige ist, hängt von individuellen Präferenzen, den Fähigkeiten des Nutzenden, aber auch von den Gegebenheiten vor Ort ab.
Hausnotrufsysteme sind elektronische Meldesysteme, mit denen z. B. pflegebedürftige oder ältere Menschen über einen Funksender, der um den Hals, als Clip am Hosenbund oder am Handgelenk getragen wird, medizinische Hilfe anfordern können. Der Notruf an eine Zentrale wird über ein Gerät mit einer Freisprechanlage abgesetzt, welches an die Telefondose und das Stromnetz angeschlossen ist. Sie werden z. B. von den Johannitern, dem Malteser Hilfsdienst oder der Caritas angeboten.
Die Hausnotrufzentralen sind das ganze Jahr rund um die Uhr erreichbar. Dort sind alle wichtigen Daten zur betreuenden Person und ggf. der Vertrauensperson erfasst und hinterlegt. Bei manchen Anbietern ist es möglich, den Wohnungsschlüssel aufbewahren zu lassen, um im Notfall die Haustür nicht eintreten zu müssen. Zudem gibt es bei einigen Dienstleistern auch eine Tagestaste zur Aktivitätskontrolle. Sie dient dem regelmäßigen Kontakt zur pflegebedürftigen Person, um deren Wohlbefinden sicherzustellen.
Wann kommt Hilfe?
Bedient eine pflegebedürftige Person den Notrufknopf, wird über ein Funksignal umgehend telefonisch Hilfe angefordert. Der Notruf erreicht die Notrufzentrale über ein Basisgerät mit Freisprecheinrichtung, das meist am hauseigenen Telefon installiert wird. Die Reichweite für das Funksignal ist auf die eigenen vier Wände und somit für Sicherheit zu Hause ausgelegt.
Hat sich die Basisstation mit der Notrufzentrale verbunden, hört die- oder derjenige, die oder der den Notruf ausgelöst hat, die Stimme einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters (im Folgenden Mitarbeiter) der Notrufzentrale. Dieser kann die hinterlegten Daten der hilfesuchenden Person einsehen, darunter die Adresse der Anruferin oder des Anrufers und Telefonnummern von Angehörigen bzw. Nachbarn.
Hat der Mitarbeiter den Eindruck, die hilfsbedürftige Person benötigt keine medizinische Hilfe, sondern lediglich Unterstützung, verständigt er die hinterlegte Kontaktperson. Sie ist die erste Ansprechperson und wird gebeten, selbst nach dem Rechten zu sehen. Erst wenn die Betroffenen nach medizinischer Hilfe verlangen oder nicht mehr reagieren bzw. wenn der Mitarbeiter in der Notrufzentrale vermutet, die anrufende Person benötigt medizinische Versorgung, alarmiert er den Rettungsdienst bzw. ‧eine Notärztin oder einen Notarzt (im Folgenden Notarzt).
Gleichzeitig informiert er die Angehörigen und überbringt unter Umständen dem Rettungsdienst den Hausschlüssel, sofern dieser hinterlegt wurde.
Allerdings ist der Mitarbeiter am anderen Ende des Notrufknopfes kein Notarzt – ein häufiger Trugschluss der Vertragspartnerinnen und -partner – und kann diesen nicht ersetzen, sondern höchstens alarmieren. Wie lange es dann dauert, bis ein Kranken- oder Notarztwagen eintrifft, hängt dabei ganz von der Auslastung des Rettungssystems vor Ort ab.
Mobiles Notrufsystem
Wer sich um einen mobilen Angehörigen sorgt, der noch häufig eigenständig außerhalb seiner Wohnung unterwegs ist, doch bereits vergesslich ist und manchmal nicht mehr allein nach Hause zurückfindet, sollte an die Erweiterung des Hausnotrufes auch außerhalb der Wohnung nachdenken oder sogar über eine komplett mobile Lösung. Mobile Notrufsysteme funktionieren ähnlich wie stationäre Systeme.
Ein Vorteil solcher mobiler Systeme ist die Ortung der hilfsbedürftigen Person. Mobile Notrufsysteme können z. B. auch für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer mit gut erhaltener Selbstständigkeit interessant sein. Diese Geräte lassen sich per GPS-Technologie orten. Natürlich können stationäre Hausrufsysteme mit mobilen Versionen kombiniert werden, um sich selbst und dem Nutzenden dieser Systeme noch möglichst viel Unabhängigkeit einzuräumen.
Automatische Sturzerkennung
Viele mobile Systeme, darunter u. a. die der „bembu“- und „Apple Watch“ (englisch für Uhr), werden nicht nur durch die Betätigung eines Notrufknopfes ausgelöst, sondern verfügen mittlerweile auch über eine mehr oder minder zuverlässige Sturzerkennung.
Sobald diese unabhängig von der pflegebedürftigen Person durch einen Fall oder zu heftige Bewegung ausgelöst wird, meldet sich automatisch, je nachdem welche Telefonnummer hinterlegt oder eingespeichert wurde, jemand aus der Hausnotrufzentrale oder vom Rettungsdienst und erkundigt sich nach dem Befinden. Es ist, je nach System, auch möglich, die Telefonnummer von Angehörigen zu hinterlegen.
Die Apple Watch z. B. gewährt dabei eine gewisse Latenzzeit, einen Spielraum, in dem man nach versehentlichem Auslösen den Notruf selbst wieder annullieren kann. Bei „bembu“ sorgt eine eigene SIM-Karte mit einer österreichischen Telefonnummer durch einen Anruf bei einer eingespeicherten Kontaktperson dafür, dass diese den genauen Standort in Längen und Breitengradinformationen erhält und so z. B. die pflegebedürftige Person, die sich irgendwo verirrt hat, leicht orten kann. Bei „bembu“ handelt es sich nicht um einen reinen GPS-Tracker, sondern um eine GPS-Uhr für Seniorinnen und Senioren (im Folgenden Senioren).
Regionale Unterschiede
Zunächst geht es bei allen Überlegungen zur Anschaffung eines Hausnotrufsystems um die Verfügbarkeit der verschiedenen Systeme und Anbieter vor Ort. Denn es gibt immer noch Regionen, in denen auch heute die Mobilfunkverbindung eher dürftig und unzuverlässig ist. Oder aber bestimmte Anbieter von Hausnotrufsystemen verfügen nur über begrenzte personelle Kapazitäten und können bestimmte Gebiete nicht versorgen. Es kann auch vorkommen, dass sich Anbieter Gebiete aufteilen. All dies gilt es, im Vorfeld zu erfragen.
Individuelle Vorlieben
Hinzu kommen die individuellen Vorlieben und Fähigkeiten: Wohnt die zu pflegende Person noch allein oder in einem Pflegeheim? Welche Geräte kann die Person noch bedienen? Möchte sie überhaupt etwas um den Hals oder am Handgelenk tragen oder entledigt sie sich ohnehin jeglicher Armbanduhr und jedes Notrufsenders beim Zubettgehen? Kann sie diese überhaupt eigenständig wieder anlegen?
Oder müssen Angehörige selbst dafür sorgen, dass alle Geräte täglich angelegt werden, einwandfrei funktionieren und aufgeladen sind? Ziehe ich eine zusätzliche Sturzüberwachung meiner Angehörigen in Betracht? Personalmangel in Pflegeheimen führte bspw. in der Vergangenheit nicht selten zu solchen Überlegungen.
Auch die Größe des Auslösers ist wichtig, denn möglicherweise kann eine ältere Person aufgrund von feinmotorischen Störungen den Auslöser gar nicht mehr bedienen. Kleine Notrufknöpfe sind auch bei Arthrose in den Händen ein Problem für die Betroffenen. Kleine Bedienelemente sind daher auch bei mobilen Geräten, wie GPS-Uhren für Senioren, ein Nachteil.
Kosten und Vertragslaufzeit
Bei allen Anschaffungen lohnt es sich, die anfallenden Gebühren zu vergleichen und in die Anschaffungsüberlegungen einzubeziehen. Während bei stationären Hausnotrufsystemen in aller Regel wiederkehrende monatliche Gebühren im zweistelligen Bereich, oft ohne anfängliche Einmalgebühren, anfallen, sind bei der GPS-Uhr für Senioren, der Apple Watch und ähnlichen Geräten vielmehr höhere Anschaffungskosten im dreistelligen Bereich zu bedenken, während die anschließenden monatlichen Belastungen meist geringer ausfallen. Beim Anbieter bembu liegen die monatlichen Kosten, trotz ausländischem Anbieter z. B. im einstelligen Bereich.
Auch die Kündigungsfristen sollten nicht zu lang sein, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, sei es, weil man das System wechseln möchte oder ein plötzlicher Wechsel des Aufenthaltsortes ansteht.
Das gilt es vor Vertragsabschluss zu beachten
-Informieren Sie sich, welche Anbieter es in Ihrer Region gibt und welche Bereiche sie abdecken.
-Holen Sie sich mehrere Angebote ein und vergleichen Sie, was besser zu Ihren Bedürfnissen oder den Bedürfnissen Ihrer Angehörigen passt.
-Beachten Sie bei Vertragsabschluss die Laufzeit sowie die Kündigungsfrist.
-Prüfen Sie vorab, ob die Pflegekasse die Kosten für den Hausnotruf übernimmt.
Akkulaufzeit
Weitere Überlegungen sind die Stand-by-Zeiten der verschiedenen Geräte. Hier haben die stationären Notrufknöpfe der diversen Anbieter die Nase vorn. Mobile Geräte, die außerhalb der eigenen vier Wände genutzt werden können, sind häufig auf tägliches Aufladen angewiesen.
All die aufgeführten Systeme können, vorausgesetzt sie werden richtig verwendet, Angehörige erheblich entlasten und Belastungen der häuslichen Pflegesituation reduzieren. Sie helfen, dass ältere und pflegebedürftige Menschen länger autark bleiben und zu Hause wohnen können, und sorgen für ein Gefühl der Sicherheit sowohl bei Angehörigen als auch bei den Nutzenden selbst. Angehörigen gibt dies die Möglichkeit, die pflegebedürftige Person auch einmal allein zu lassen.
Doch es gibt auch Senioren, die nicht mehr in der Lage sind, einen Notrufknopf zu bedienen, sei es aus Vergesslichkeit oder wegen körperlicher Defizite. Oder sie möchten aus Prinzip oder Sturheit keine Hilfe von Fremden annehmen und würden daher von selbst keinen Notruf absetzen. In diesen Fällen macht es keinen Sinn, sich auf eines der Hausnotrufsysteme zu verlassen.