Frage an die Juristin: Individuelle Gesundheitsleistung

Frage an die Juristin: Individuelle Gesundheitsleistung

Sogenannte IGeL, also individuelle Gesundheitsleistungen, stehen gerade auch bei Augenuntersuchungen hoch im Kurs. Aber was kosten diese eigentlich? Und müssen Sie die Empfehlung zu einer IGe-Leistung annehmen?

Frage an die Juristin IGe-Leistungen: Individuelle Gesundheitsleistungen Augeninnendruckmessung

Augeninnendruckmessung: eine beliebte individuelle Gesundheitsleistung

Diese Frage stellen sich tatsächlich viele, die sich im Nachhinein über Untersuchungen ärgern, die nicht zwingend notwendig gewesen wären. Die Augeninnendruckmessung ist eine sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (kurz: IGeL). Sie gehört zu den am häufigsten in Anspruch genommenen Untersuchungen. IGeL sind Leistungen, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, sondern für die Sie selbst aufkommen müssen. Grund dafür ist, dass Krankenkassen die Kosten nur übernehmen, wenn die Leistungen laut Sozialgesetzbuch „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sind. Fallen Leistungen nicht unter diese Definition, stehen sie nicht in dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Ärzte können sie trotzdem anbieten, Sie als Patient müssen die Leistungen dann aber privat bezahlen.
Behandlungen fallen unter IGeL, wenn es keine ausreichenden Belege für ihren Nutzen gibt. Beurteilt wird das von dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Unter IGeL können aber zum Beispiel auch solche Leistungen fallen, die keine medizinische Zielsetzung haben. Dazu gehören Schönheitsoperationen oder die medizinische Beratung vor Fernreisen. Neben der Augeninnendruckmessung sind Ultraschalluntersuchungen und PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs häufig in Anspruch genommene IGeL.

Was kosten IGe-Leistungen?

Die Kosten für IGeL variieren. Bei der Augeninnendruckmessung bewegen sie sich zwischen 10 und 22 Euro. Der Arzt muss sich an die Gebührenordnung für Ärzte halten, hat aber einen gewissen Spielraum zwischen einem Mindest- und einem Höchstsatz (1-facher bis 3,5-facher Gebührensatz). Wählt er den Höchstsatz, muss er dies jedoch schriftlich begründen. Unzulässig sind Pauschalpreise oder Erfolgshonorare für Augeninnendruckmessungen.
Wichtig zu wissen ist, dass Ihr Arzt Sie über die voraussichtlichen Kosten der individuellen Gesundheitsleistung informieren muss, bevor Sie sich entscheiden. Sobald er weiß oder auch nur vermutet, dass die Kosten für eine Untersuchung von den Krankenkassen nicht übernommen werden, hat er die Pflicht, Sie auf die anfallende Gebühr hinzuweisen. Das muss vor der Behandlung schriftlich zwischen Arzt und Patient vereinbart werden. Die unterschriebene Erklärung muss ebenfalls beinhalten, dass Sie die Augeninnendruckmessung auf eigene Kosten durchführen lassen möchten. Hierzu gehört, dass Sie auf die Kostentragungspflicht hingewiesen wurden und einverstanden sind.
Nach der Untersuchung muss Ihnen Ihr Arzt außerdem eine nachvollziehbare Rechnung der individuellen Gesundheitsleistung ausstellen, die alle ordnungsgemäßen Angaben nach der Gebührenordnung für Ärzte enthält. Dazu gehören folgende Angaben: die Untersuchung oder Behandlung, die durchgeführt wurde; das Datum der Durchführung und bei Gebühren die Nummer und Bezeichnung der einzeln berechneten Leistungen. Enthält die Rechnung nicht alle Angaben, müssen Sie die Leistung auch nicht bezahlen.

Ärzte müssen umfassend über Kosten und Nutzen informieren
Ihr Arzt darf Ihnen die kostenpflichtige Augeninnendruckmessung nicht aufdrängen. Sie als Patient müssen die Behandlung selbst verlangen. Dabei ist es unerheblich, ob Sie sich die Behandlung von sich aus wünschen oder der Arzt sie vorschlägt und Sie sich auf seinen Vorschlag hin dazu entschließen.
Ganz wichtig ist, dass Ihr Arzt Sie ausführlich, sachlich und verständlich zu der IGeL aufklärt. Er muss dies mündlich tun, kann aber schriftliche Ergänzungen vornehmen. Er ist verpflichtet, genau zu erklären, warum die Augeninnendruckmessung erforderlich oder empfehlenswert ist, ob es dafür wissenschaftliche Belege gibt und was Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen der Untersuchung sein können. Zu beachten ist, dass die Beratung durch den Arzt selbst erfolgen muss. Eine Medizinische Fachangestellte beispielsweise darf die Aufklärung nicht übernehmen.

Drängen zur Augeninnendruckmessung ist nicht erlaubt

Hält sich ein Arzt nicht an seine Pflichten, hat er in der Regel auch keinen Anspruch auf die Vergütung. Sollten tatsächlich höhere Kosten entstehen, als der Arzt Ihnen schriftlich bestätigt hat, so müssen Sie die Mehrkosten nicht tragen.
Werden Sie von Ihrem Arzt zur Durchführung einer Augeninnendruckmessung gedrängt, müssen Sie diese weder in Anspruch nehmen noch sich umgehend entscheiden. In der Regel sind IGeL nicht dringlich. Sie können sich in Ruhe überlegen, ob Sie mögliche Risiken auf sich nehmen möchten. Nehmen Sie sich die Zeit, sich über den Nutzen oder mögliche Alternativen zu informieren. Wenn Sie trotzdem das Gefühl haben, dass Ihr Arzt Sie dazu drängt, eine IGeL in Anspruch zu nehmen, informieren Sie die Ärztekammer, in deren Bundesland Ihr Arzt niedergelassen ist. Sollte es sogar vorkommen, dass Ihr Arzt Ihnen die weitere Behandlung verwehrt, weil Sie die Augeninnendruckmessung nicht durchführen lassen möchten, wenden Sie sich an die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bundesland der Arzt seinen Praxissitz hat.