Entzündungshemmende Ernährung: Entscheidung fängt im Kopf an

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Wie wohl wir uns fühlen, hängt auch immer davon ab, wie wir uns ernähren. Um Entzündungen im Körper abzuwehren, können antientzündliche Lebensmittel helfen. Wir erklären, was eine entzündungshemmende Ernährung auszeichnet und wie es gelingt, sie umzusetzen und in den Alltag einzubinden.
Gesund zu sein und zu bleiben, ist für viele von uns einer der wichtigsten Vorsätze im Leben. Allerdings ist Gesundheit kein Selbstläufer.
Wir müssen etwas dafür tun. Wie jede Veränderung fängt auch die Umstellung der eigenen Ernährungsweise im Kopf an. Sich gesund zu ernähren, muss man wollen. Dabei geht es aber nicht darum, sich zu sagen: „Das darfst du nicht!“ Es ist vielmehr eine Entscheidung dafür, mehr davon zu essen, was dem Körper wirklich guttut, und nicht blind den gewohnten Ernährungsmustern zu folgen.
Umdenken und an der Schraube der Ernährung drehen
„Da setzt für mich auch das Konzept der antientzündlichen Ernährung an“, sagt Ilke Wolf. Sie ist Apothekerin und seit 2002 von der Autoim-munerkrankung Multiple Sklerose (MS) betroffen, der eine chronisch-entzündliche Reaktion zugrunde liegt, und hat ihre Ernährung auch deswegen auf entzündungshemmende Speisen umgestellt. Doch ist eine antientzündliche Ernährung nicht gleichzusetzen mit einer medikamentösen Therapie.
Eine entzündungshemmende Ernährung hat begleitend Vorteile zum Stabilisieren des Krankheitsbilds. So können etwa Schmerzmittel reduziert oder Folgeerkrankungen, die sich entzündlich ausprägen, besser kontrolliert oder sogar präventiv vermieden werden.
Geeignet ist eine antientzündliche Ernährungsweise aber nicht nur für Menschen mit einer chronisch-entzündlichen Erkrankung. Sie ist etwas für jeden, auch für gesunde Menschen, um allen möglichen Zivilisationserkrankungen vorzubeugen – von Asthma bis Zahnerkrankungen, Altersdiabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hauterkrankungen etc.
Auch Kinder können sich so ernähren, „allerdings bringt es nichts, ihnen diese Ernährung aufzudrängen. Hier muss das Elternhaus Vorbild sein“, sagt Ilke Wolf, Mutter von zwei Kindern. Sie hat sich intensiv mit dem Ansatz der antientzündlichen Ernährung befasst und ein Kochbuch für Einsteiger verfasst. Neben Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten litt sie unter Darmproblemen und hat deshalb aufgehört, Gluten zu essen.
„Der Effekt der glutenfreien Ernährung hat sich schon nach einer Woche gezeigt. Das war für mich überwältigend.“
Ein derartig positives Körperfeedback führt zum berühmten „Klick“ im Kopf und ist gleichzeitig Motivator, weiterzumachen und umzudenken. Das wird umso deutlicher, wenn man unsere Standardernährung betrachtet. „Hier essen wir morgens Brot mit Marmelade, mittags Nudeln, nachmittags Kuchen und abends Brot. Zwischendurch wird viel ge-snackt. Das treibt den Blutzucker immer wieder in die Höhe und wirkt sich in der Häufigkeit entzündlich auf das ganze Körpersystem aus. Im Vergleich dazu setzt die Umstellung auf eine entzündungshemmende Ernährung schon ein starkes Umdenken voraus“, sagt Ilke Wolf.
Nichts überstürzen und das eigene Tempo finden
Zunächst geht es darum, ehrlich zu sich selbst zu sein und zu hinterfragen, wozu man bereit ist, zu prüfen, mit welchen Schritten man sich nicht überfordert. Denn eine Ernährungsumstellung ist auch immer etwas Individuelles.
„Für manche kann es hilfreich sein, klein anzufangen und etwa im Tee oder Kaffee den Zucker wegzulassen, ins Abendessen immer mehr Gemüse zu integrieren oder einen halben Liter Wasser mehr am Tag zu trinken. Oder aber z. B. auf Gluten als Reizstoff für den Darm zu verzichten und glutenhaltige Lebensmittel zu ersetzen.“
So können Nudeln bspw. gut durch Quinoa oder Kartoffeln ausgetauscht werden. Denn wenn unser Darm nicht in Ordnung ist, leidet häufig unser komplettes Immunsystem darunter.
Wenig billiges Fleisch und Zucker, gute Fette und Öle
Grundsätzlich empfiehlt es sich, im Zuge einer entzündungshemmenden Ernährung darauf zu achten, möglichst wenig Zucker, keine Produkte aus Massentierhaltung, Milchprodukte nach Verträglichkeit sowie mehr frisches Obst und Gemüse sowie gute Fette und Öle zu sich zu nehmen. „Wenn Sie einkaufen, greifen Sie anstelle eines Sonnenblumenöls, das viel Omega-6-Fettsäuren enthält, besser zu einem Olivenöl oder gesättigten Fettquellen wie Kokosöl oder Butter aus Weidehaltung“, rät Ilke Wolf.
Für diejenigen, die sich nicht vegetarisch oder vegan ernähren möchten, ist es ratsam, auf Fleisch aus artgerechter Tierhaltung (Weidehaltung oder Wild) zurückzugreifen. Produkte aus Massentierhaltung können krank machend sein. Ihr Verzehr schlägt sich bspw. in einem schlechten Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren nieder. „Bei einem Überhang an Omega-6 neigen wir dazu, Entzündungen zu entwickeln“, warnt Ilke Wolf. Je ursprünglicher ein Lebensmittel ist, desto wertvoller ist es für den Körper.
„Proteine aber einfach wegzulassen, weil man keine Fleisch- und Milchprodukte mehr isst, ist nicht sinnvoll. Dann muss man für sich einen Weg finden, sie anderweitig zu sich zu nehmen. Soja, Nüsse, Lupine und Hülsenfrüchte sind beispielsweise wertvolle pflanzliche Proteinquellen. Dabei gilt auch, je ursprünglicher, umso besser. Es gibt viele vegane Ersatzprodukte, die aber voll von chemischen Zusätzen sind.“
Viele Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren
Auch eine entzündungshemmende Ernährungsweise kann abwechslungsreich und unkompliziert sein: „Ich mag es einfach. Brokkoli mit Butter aus Weidehaltung zusammen mit Lachs und Zitrone – dafür bin ich immer zu haben“, sagt Ilke Wolf.
„Brokkoli hat einen hohen Ballaststoffgehalt und viele Vitamine und Nährstoffe und der Lachs bringt Proteine und entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren mit. Die Butter ist dabei als gesättigte Fettsäure entzündungshemmend als neutral zu sehen.“
Sich austauschen und Vorlieben berücksichtigen
Pflegenden Angehörigen, die für ein Familienmitglied kochen, empfiehlt die MS-Mentorin, die Gewohnheiten nicht ohne Rücksprache mit den Betroffenen zu verändern, bei speziellen Bedürfnissen wie Lebensmittelunverträglichkeiten oder einer Mangelernährung eine Ernährungsberatung hinzuzuziehen und den Geschmack der Betroffenen zu beachten. „Ihr Angehöriger muss mit einer Ernährungsveränderung einverstanden sein und mitbestimmen, was seinem Geschmack entspricht.“ Denn Essen sollte immer ein Genuss und eine Freude sein.