Die Verhinderungspflege – Wo greift sie, wie nutzt man sie

Die Verhinderungspflege – Wo greift sie, wie nutzt man sie

Jeder pflegende Angehörige ist einmal vorübergehend nicht in der Lage, die notwendige Pflege durchzuführen. Vielleicht gibt es beruflich ein eng getaktetes Projekt, das alle Ressourcen bindet, oder es gibt private oder gesundheitliche Gründe, die zu einem Engpass in der häuslichen Pflegesituation führen. Mit Hilfe der Verhinderungspflege wird es Ihnen gelingen, die Pflege Ihres Angehörigen für den betroffenen Zeitraum umzuorganisieren. Wir zeigen Ihnen, worauf es dabei ankommt.
Ein Mensch, der einem anderen die Schuhe zubindet
© iStock.com | Highwaystarz-Photography

Wer kann Verhinderungspflege beanspruchen?

Offiziell ist das der Pflegebedürftige selbst. Sollte Ihr Angehöriger nicht in der Lage sein, den Antrag auf Verhinderungspflege persönlich zu stellen, etwa bei einer Demenz, übernimmt der jeweilige Bevollmächtige diese Aufgabe. Es ist unerheblich, ob Ihr Angehöriger in einer eigenen Wohnung lebt oder bei Ihnen in die Familie integriert ist. Auch wenn ein ambulanter Pflegedienst zur Unterstützung der Pflege ins Haus kommt, darüber hinaus aber Sie als Angehöriger die tägliche Versorgung organisieren und durchführen, besteht Anspruch auf Verhinderungspflege.

Voraussetzungen

  • Der MDK hat Ihrem Angehörigen Pflegegrad 2 oder höher bescheinigt.
  • Pflegegrad 2-5 besteht seit mindestens 6 Monaten.
  • Ihr Angehöriger wurde vor dem jetzt anstehenden Engpass mindestens 6 Monate im häuslichen Umfeld gepflegt (er war zuhause, nicht etwa vollstationär in einem Pflegeheim).

Wofür kann die Verhinderungspflege genutzt werden?

Es gibt mehrere Situationen, in denen Sie eine Verhinderungspflege sinnvoll nutzen können: zur Entlastung bei Erschöpfung, bei Terminschwierigkeiten oder zur Gesundheitsprophylaxe. Die häufigsten Gründe für einen Antrag sind, dass die pflegende Person:

  • wichtige Termine wahrnehmen muss,
  • krank ist,
  • verreisen möchte,
  • akut überfordert ist,
  • aufgrund einer sehr schwierigen oder schon lange andauernden Pflegesituation eine Pause braucht, um neue Kraft tanken zu können.

Wer darf die Pflege in Ihrer Abwesenheit übernehmen?

Grundsätzlich kann jeder andere Angehörige, ein Freund oder Nachbar die notwendige Versorgung ersatzweise leisten. Stehen solche Menschen nicht zur Verfügung oder wären sie aufgrund ihrer eigenen Lebenssituation oder der anstehenden Aufgaben überfordert, kann auch ein ambulanter Pflegedienst aus Ihrem Viertel eingebunden werden. Schließlich gibt es auch die Möglichkeit der teil- oder vollstationären Verhinderungspflege. Ihr Angehöriger würde dann beispielsweise für den Zeitraum, den Sie überbrücken müssen, in einem Pflegeheim versorgt und könnte wieder in seine eigene Umgebung zurückkehren, sobald Sie die Pflege wiederaufnehmen können.

Welche Formen gibt es?

Verhinderungspflege kann entweder stundenweise in Anspruch genommen werden (weniger als acht Stunden) oder auch für einen oder mehrere aufeinanderfolgende ganze Tage (mindestens 8 Stunden Abwesenheit der Pflegeperson). Der Gesamtanspruch pro Kalenderjahr beträgt maximal 42 Kalendertage.

Wo und wie muss Verhinderungspflege beantragt werden?

Der Antrag für Verhinderungspflege muss bei der Pflegekasse gestellt werden. Manche Kassen, etwa die Barmer oder AOK, bieten übersichtliche Onlineformulare, die schnell ausgefüllt und eingereicht werden können. Im Antrag müssen neben den Basisdaten des Pflegebedürftigen wie Geburtsdatum und Versichertennummer auch Name und Anschrift der Person oder des ambulanten Pflegedienstes eingetragen werden, die die Pflege ersatzweise übernehmen sollen.

Außerdem muss angegeben werden, wie lange und weshalb die eigentliche Pflegeperson verhindert ist, beispielsweise wegen Erkrankung, eines Erholungsurlaubs oder sonstiger Gründe. Übernimmt eine Privatperson die Verhinderungspflege, möchte die Pflegekasse noch wissen, ob diese Person mit dem Pflegebedürftigen verwandt oder verschwägert sind und ob die Ersatzperson in häuslicher Gemeinschaft mit dem Pflegebedürftigen wohnt.

Höhe der Leistung

Die Pflegekasse übernimmt bis zu 1.612 Euro pro Jahr für Verhinderungspflege. Wurden bis zum Antragsdatum keine Leistungen für Kurzzeitpflege in Anspruch genommen, können aus diesem zweiten Topf anteilige Ansprüche hinzugenommen werden (maximal zusätzliche 806 Euro). So kämen Sie auf einen Gesamtbetrag von maximal 2.418 Euro. Für Pflege durch im Haushalt lebende Personen oder Verwandte und verschwägerte Pflegepersonen bis Verwandtschaftsgrad 2 werden allerdings nur tatsächlich für die Pflege benötigte, nachgewiesene Kosten in Höhe des Pflegegeldes des jeweiligen Pflegegrades erstattet. Bei Verhinderungspflege in einer stationären Einrichtung übernimmt die Pflegekasse die anfallenden Pflegekosten, nicht aber die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (Kost und Logis).

Wann ist eine mehrtägige/mehrwöchige Verhinderungspflege sinnvoll?

  • Bei Urlaubs- oder Geschäftsreisen der Pflegeperson.
  • Bei eigener Krankheit, Kur- oder Reha-Aufenthalten.
  • Bei Anzeichen von tiefer Erschöpfung und Überlastung der pflegenden Person.
  • Prophylaktisch, zur eigenen Gesundheitsvorsorge bei einer langfristigen Pflegesituation (beispielsweise 1x jährlich).