Die Sinne schärfen: Übungen für Pflegebedürftige und Angehörige
Sich im Pflegealltag voll und ganz auf die Sinne einzulassen, kann die Entspannung fördern. Für Ihren Angehörigen kann es vor allem die Lebensqualität fördern. Wir verraten Ihnen, wie Sie jeden der fünf Sinne gezielt ansprechen und trainieren.
Die fünf Sinne, Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen eröffnen uns eine Welt voller Erlebnisse. Gleichzeitig fördern sie die Lebensqualität. Das Alter schränkt jedoch die Sinne teilweise ein, sodass wir alle früher oder später beispielsweise schlechter hören oder nicht mehr so gut sehen. Die gute Nachricht: Sie können in jedem Alter Ihre Sinne schärfen. Außerdem gibt es zu dem Thema wertvolle Tipps für den Pflegealltag.
Wir stellen Ihnen heute gezielte Übungen für jeden Sinn vor, die Sie alleine oder gemeinsam mit Ihrem Angehörigen durchführen können – und das auf durchaus unterhaltsame Art.
Übungen für den Hörsinn
Wenn sich die Haarzellen in den Ohren langsam abnutzen, macht sich das in einer geminderten Hörleistung bemerkbar – jedes Jahr büßen Personen ab dem 60. Lebensjahr gut ein Dezibel an Hörvermögen ein.
Mit folgenden Übungen legen Sie den Fokus auf den Hörsinn:
- Erkennen Sie Umgebungsgeräusche: Setzen Sie sich an einen belebten Ort. Das kann eine Fußgängerzone, ein Park oder der Balkon sein. Schließen Sie nun die Augen und spitzen Sie die Ohren. Was hören Sie? Versuchen Sie, die Geräusche konkret zu benennen. Gemeinsam mit Ihrem Angehörigen ist das besonders interessant. Wer von Ihnen kommt zuerst darauf, dass dies eine Ente war oder eine Frauenstimme?
- Erraten Sie die Lebensmittel: Nehmen Sie kleine, undurchsichtige Dosen zur Hand und befüllen Sie diese mit verschiedenen getrockneten Lebensmitteln. Sie können beispielsweise Reis, Linsen, Bohnen, Nudeln oder Erbsen nehmen. Fertigen Sie dazu kleine Kärtchen mit dem Namen oder einem Bild des jeweiligen Lebensmittels an. Bitten Sie Ihren Angehörigen nun, die Dosen zu schütteln und dann dem Hören nach den richtigen Karten zuzuordnen. Bei der nächsten Runde sind Sie dran.
- Drehen Sie leise: Wir sind es gewohnt, elektronische Geräte in unserer Umgebung so einzustellen, dass wir alles mühelos verstehen. Drehen Sie das Radio oder den Fernseher doch einmal leiser, und zwar so, dass Sie die Stimmen gerade ebenso hören. Nun müssen Sie sich anstrengen, um das Programm zu verfolgen – das schärft automatisch den Hörsinn.
Übungen für den Sehsinn
Sinneseinschränkungen im Alter betreffen auch das Sehvermögen. Neben der klassischen Alterssichtigkeit kann auch das Kontrastempfinden durch Alterungsprozesse abnehmen. Diese Entwicklungen können Sie zwar nicht aufhalten, aber mit gezielten Übungen den Sehsinn ansprechen.
- Suchen Sie nach Formen: Diese Übung ist wirklich spannend – Sie werden überrascht sein, wie viele Formen sich in Ihrer Umgebung befinden. Zunächst müssen Sie sich jedoch eine geometrische Form aussuchen. Wie wäre es mit einem Dreieck, einem Rechteck oder einem Kreis? Gehen Sie nun mit offenen Augen durch die Welt und achten darauf, wo sich die Form überall findet.
- Analysieren Sie Gegenstände: Im Alltag nutzen wir unseren Sehsinn meist viel zu oberflächlich. Das ist ein Ball, das ist eine Kaffeetasse und dies ein Buch. Nehmen Sie sich einmal Zeit, um sich den Gegenstand genau anzusehen. Was fällt Ihnen auf, hat die Tasse beispielsweise Besonderheiten wie einen kleinen Sprung oder eine farbliche Unebenheit?
Das Kinderspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist auch bei Senioren sehr beliebt. Spielen Sie es beispielsweise bei einem gemeinsamen Spaziergang oder in den eigenen Räumlichkeiten. Suchen Sie gezielt nach weiter entfernten Objekten, um die Augen herauszufordern.
Übungen für den Geruchssinn
Die Welt mit dem Geruchssinn entdecken, das geht tatsächlich. Außerdem sind Gerüche eng mit Erinnerungen verknüpft. So kann ein Parfüm beispielsweise an die erste große Liebe erinnern.
Mit diesen Übungen konzentrieren Sie sich auf den Geruchssinn:
- Nehmen Sie Gerüche wahr: Die Augen nehmen uns oft wichtige Informationen vorweg. Konzentrieren Sie sich einzig und allein auf Ihren Geruchssinn, indem Sie sich auf eine Bank in der Stadt oder in einen Park setzen. Schließen Sie nun die Augen. Welchen Geruch können Sie wahrnehmen? Vielleicht können Sie frisch gemähtes Gras riechen oder die Pommesbude um die Ecke. Versuchen Sie, möglichst viele verschiedene Gerüche zuzuordnen – Ihr Familienmitglied kann Ihnen dabei helfen oder andersherum.
- Fertigen Sie ein Geruchs-Memory an: Ätherische Öle eignen sich wunderbar, um den Geruchssinn vor eine Aufgabe zu stellen. Träufeln Sie ein paar Tropfen ätherisches Öl auf einen Wattebausch. Dazu können Sie zum Beispiel Pfefferminze, Zitrone, Eukalyptus, Lavendel oder Orange nehmen. Geben Sie die Wattebäusche in kleine Dosen. Öffnen Sie den Deckel und halten Sie Ihrem Angehörigen die Dose mit etwas Abstand vor die Nase. Kann Ihr Familienmitglied den Geruch erraten? Als Nächstes sind Sie dran.
Übungen für den Geschmackssinn
Der Geschmackssinn ist eng mit dem Wohlbefinden verbunden. Kein Wunder, denn leckere Speisen rufen positive Emotionen in uns hervor. Nutzen Sie dies mit verschiedenen Übungen.
- Ordnen Sie den Geschmack zu: Ähnlich wie bei einem Hör- oder Geruchs-Memory geht es auch hier darum, etwas zuzuordnen. Überraschen Sie Ihren Angehörigen mit einem kleinen Geschmacksrätsel. Fertigen Sie einen Speiseteller mit kleinen Häppchen an. Darauf können sich beispielsweise verschiedene Obstsorten, Brot mit Lachs oder Nüsse befinden. Achten Sie hier unbedingt auf mögliche Unverträglichkeiten und Allergien. Bitten Sie Ihren Angehörigen nun, die Augen zu schließen. Geben Sie Ihrem Familienmitglied nach und nach die Häppchen in die Hand oder führen Sie einen Löffel zum Mund. Schafft es der Pflegebedürftige, alle Lebensmittel zu erraten?
- Essen Sie bewusst: Mit dieser Übung schärfen Sie nicht nur Ihren Geschmackssinn, sondern bringen auch mehr Achtsamkeit in den Pflegealltag. Setzen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Familienmitglied an den Tisch und genießen Sie Ihre Mahlzeit bewusst. Auch hierfür können Sie Ihre Augen schließen. Nehmen Sie die Lebensmittel einzeln in den Mund oder gemeinsam. Spüren Sie, wie sich der Geschmack im Mund entwickelt und mit dem Schlucken nachlässt. Leiten Sie Ihr Familienmitglied an, damit auch Ihr Angehöriger sich auf seinen Geschmackssinn konzentriert.
Übungen für den Tastsinn
Der Tastsinn ist beim Menschen sehr ausgeprägt – wir entdecken eine Vielzahl an Gegenständen über die Fingerspitzen. Auch die Füße vermitteln uns wichtige Informationen, wenn sie mit dem Boden in Berührung kommen.
Mit folgenden Übungen sprechen Sie auf direktem Weg den Tastsinn an:
- Stellen Sie eine Fühlkette her: Dabei handelt es sich um eine sehr spannende Übung – schon die Vorbereitung kann Ihnen Freude bereiten. Nehmen Sie eine Schnur und befestigen Sie daran verschiedene Gegenstände. Das kann beispielsweise ein Schnuller, ein Ring, ein Taschentuch oder ein Kugelschreiber sein. Nachdem Ihr Familienmitglied die Augen geschlossen hat, geben Sie ihm die Fühlkette in die Hand. Wie viele Gegenstände kann Ihr Angehöriger ertasten? Mit einigen Tipps können Sie behilflich sein.
- Laufen Sie barfuß: Oft stecken unsere Füße in Socken und Schuhen – doch wie wäre es, wenn Sie Ihre Umwelt mal wieder mit den Füßen entdecken? Damit trainieren Sie automatisch auch Ihren Tastsinn. Gemeinsam mit Ihrem Angehörigen können Sie barfuß durch die Wohnung gehen. Spannender wird das Ganze, wenn Sie zuvor verschiedene Materialien auf den Boden legen, zum Beispiel in Form eines Badezimmerteppichs oder einer Decke. Achten Sie unbedingt darauf, die Übung nur mit trittsicheren Menschen durchzuführen. Eine gute Alternative ist übrigens ein Barfußpfad.
Zuletzt noch ein kleiner Tipp: Bringen Sie Geduld mit. Gerade zu Anfang werden die Aufgaben als recht anstrengend empfunden. Mit etwas Übung erzielen Sie jedoch schon bald erste Erfolge und werden beispielsweise besser darin, Gegenstände nach dem Hören zuzuordnen.