24-Stunden-Pflege: Wie Sie die rund-um-die-Uhr-Pflege organisieren

24-Stunden-Pflege: Wie Sie die rund-um-die-Uhr-Pflege organisieren

Pflegebedürftige Menschen sind oftmals nicht nur auf Pflege angewiesen, sondern brauchen auch 24 Stunden am Tag Betreuung. Das trifft insbesondere für Menschen mit Demenz zu und solche, die mehrere schwere Krankheiten haben. Wenn Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen in der häuslichen Pflege nicht mehr auch nur für kurze Zeit alleine lassen können, sind Sie in einer schwierigen Situation – besonders, wenn ein Pflegeheim nicht in Frage kommt. Die sogenannte 24-Stunden-Pflege kann in diesen Fällen eine Lösung sein.
Eine Betreuerin geht einer älteren Frau in der Küche zur Hand
Getty Images/CasarsaGuru

Wenn die Zeit für eine umfassende häusliche Pflege fehlt

Viele Familien suchen nach Lösungen, damit ihre Angehörigen so lange wie möglich zu Hause wohnen können und nicht in einem Pflegeheim untergebracht werden müssen. Das Hauptproblem in dieser Situation ist, dass die häusliche Pflege sehr viel Zeit benötigt. Diese Aufgabe lässt sich kaum mit einer Berufstätigkeit vereinbaren. Das heißt, die Betreuung zu Hause ist ohne Unterstützung von außen nicht möglich.

Das belegt auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung „Pflege in den eigenen vier Wänden“. Demnach kommen für die Betreuung, Körperpflege, Arztbesuche, Ernährung und Haushalt bei einer Person mit Pflegestufe 1 fast 50 Stunden wöchentlich zusammen. Bei einem Menschen mit höchster Pflegestufe sind es über 83 Stunden.

24-Stunden-Pflege oder -Betreuung?

Wenn Sie in dieser Situation sind, sollten Sie zuerst einmal klar definieren, welche Unterstützung Sie wirklich benötigen. Braucht Ihr pflegebedürftiger Angehöriger rund um die Uhr qualifizierte Pflege? Dann handelt es sich um eine Intensivpflegesituation, die durch sich abwechselnde qualifizierte Fachkräfte geleistet werden muss.

Etwas anderes ist es, wenn Sie Ihren pflegebedürftigen Angehöriger lediglich nicht mehr alleine lassen können. In diesem Fall kann es sein, dass Sie zeitweise Unterstützung bei der Pflege benötigen, aber hauptsächlich Betreuungsbedarf haben. Das heißt, Sie brauchen Unterstützung beim Gesellschaftleisten, Aktivieren, leichten pflegerischen Handgriffen, Arztbesuchen und so weiter. Für diese Tätigkeiten sollte die Hilfsperson zwar pflegerisch geschult sein, braucht aber nicht zwingend eine vollwertige Pflegeausbildung.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird für beide Fälle oft der gleiche Begriff benutzt, nämlich 24-Stunden-Pflege. In diesem Beitrag wird das aber anders gehandhabt: Wir unterscheiden die 24-Stunden Pflege von der 24-Stunden-Betreuung.

Die Begriffe 24-Stunden-Pflege und 24-Stunden-Betreuung sind problematisch, weil sie nahelegen, dass eine Hilfskraft rund um die Uhr arbeitet. Dies ist jedoch mit den deutschen Arbeitsschutzgesetzen nicht vereinbar.

Die 24-Stunden-Pflege kann nur von geschulten Fachkräften geleistet werden

Die 24-Stunden-Pflege ist mit einer ambulanten Intensivpflege gleichbedeutend. Das heißt, diese Pflege kann nur von entsprechend geschulten und ausgestatteten Pflegekräften geleistet werden. Pflegekräfte, die schwerst pflegebedüftige Menschen außerhalb einer Klinik versorgen, brauchen eine Zusatzausbildung in Intensivpflege. Denn oftmals müssen in der 24-Stunden-Pflege Beatmungsgeräte oder weitere unterstützende Apparate und Hilfsmittel richtig bedient und eingesetzt werden. Intensivpflegekräfte müssen auch in der Lage sein, medizinische Notfälle zu erkennen und die Erstversorgung zu leisten.

Diese Pflege wird von ambulanten Pflegediensten angeboten und kann mit den Krankenkassen unter dem Stichwort Behandlungspflege abgerechnet werden.

Die 24-Stunden-Betreuung kann von Hilfskräften geleistet werden

Hilfskräfte, die Sie bei der häuslichen Pflege Ihres pflegebedürftigen Angehörigen unterstützen, brauchen keine pflegerische Ausbildung. Ihre Hauptaufgaben liegen im Haushalt und bei der Betreuung: Diese Betreuungskräfte unterstützen Sie bei Einkauf, Essenszubereitung und Körperpflege für Ihren pflegebedürftigen Angehörigen, betreuen und begleiten Ihren Angehörigen bei Arztbesuchen und im Alltag. Sie dürfen keine Medikamente verabreichen, Spritzen geben oder Verbände wechseln. Diese Aufgaben werden vom Pflegedienst übernommen, der die fachgerechte Pflege mindestens einmal pro Woche sicherstellen soll.

Betreuungskräfte sollen Sie bei den Aufgaben unterstützen, die Sie für Ihren pflegebedürftigen Angehörigen leisten. Das bedeutet, dass Sie die Hilfskraft weder mit dem Bügeln Ihrer eigenen Hemden beauftragen dürfen, noch mit Rasenmähen. Diese Arbeiten haben keinen direkten Bezug zum Bedarf Ihres Angehörigen.

Wenn Sie darüber nachdenken, jemanden anzustellen, der möglicherweise bei Ihnen einzieht, damit er oder sie rund um die Uhr zur Verfügung stehen kann, darf dies dennoch nur im Rahmen von deutschen Arbeitszeitgesetzen geschehen. Das heißt, die Hilfskraft darf an Werktagen nicht mehr als 8 Stunden arbeiten, also 48 Stunden pro Woche, sie hat Anspruch auf den Mindestlohn von derzeit 8,84 pro Stunde (Stand Juli 2018) und auf 24 Tage Urlaub im Jahr.

Daraus ergibt sich, dass die Betreuungskraft alleine keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung leisten kann. Sie müssen sich also trotzdem darum kümmern, dass in den übrigen Zeiten, wie zum Beispiel am Wochenende, abends oder nachts, jemand anderes die häusliche Pflege übernimmt, etwa Familienangehörige oder Nachbarn.

Eine 24-Stunden-Betreuung, die durch eine Hilfskraft alleine geleistet wird, ist nicht legal. Ohne ein Schichtmodell lassen sich die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nicht einhalten.

Welche Beschäftigungsmodelle für die 24-Stunden-Betreuung sind möglich?

3 Formen der Anstellung von Betreuungskräften sind möglich

  1. Das Arbeitgeber-Modell: Sie stellen die Hilfskraft selbst an und schließen einen Arbeitsvertrag mit ihr ab.
  2. Ausländische Einzelunternehmer, -in: Sie schließen direkt mit der Hilfskraft einen Vertrag, in dem Sie die Art der Dienstleistung, Bezahlung und Arbeitszeiten regeln
  3. Das Entsende-Modell: Die Hilfskraft ist bei einem ausländischen Pflegeunternehmen angestellt, mit dem Sie den Vertrag abschließen.

Egal für welche Anstellungsform Sie sich entscheiden, Sie haben die Möglichkeit, haushaltsnahe Dienstleistungen von der Steuer abzusetzen. Das können Sie bis zu einer Höhe von 4000 Euro jährlich oder maximal 20 Prozent Ihrer Kosten für die Betreuungshilfe. Zusätzlich kann die Pflegekasse bis zu 900 Euro Zuschuss zahlen, wenn Ihr pflegebedürftiger Angehöriger einen Pflegegrad hat.

Wenn Sie eine ausländische Hilfskraft beschäftigen möchten, sich aber nicht für das Arbeitgeber-Modell entscheiden (Modell 1), benötigt die Hilfskraft eine Bescheinigung darüber, dass sie im Ausland sozialversichert ist: die Bescheinigung A1. Ausländische Arbeitskräfte dürfen maximal 24 Monate im Haushalt beschäftigt werden.

Lassen Sie sich zu Ihrer eigenen Sicherheit die Bescheinigung A1 vor Arbeitsaufnahme vorlegen.

Möglichkeit 1: Das Arbeitgeber-Modell

Als Arbeitgeber haben Sie natürlich Pflichten gegenüber Ihren Angestellten. Sie müssen sich zum Beispiel darum kümmern, dass Urlaubs- und Arbeitszeiten vereinbart und eingehalten werden, dass gegebenenfalls Schichten und Nachtdienste geleistet werden können und dass das Gehalt pünktlich abgerechnet und die Sozialversicherungen abgeführt werden. Deshalb schrecken viele Angehörige in der häuslichen Pflege vor diesem Modell zurück. Auch, weil ein pflegebedürftiger Angehöriger selbst schon sehr viele Kapazitäten bindet.

Die Vorteile dieses Modells können dennoch überwiegen. Denn Sie können Gehalt und Arbeitszeiten im Rahmen der bestehenden Gesetze individuell regeln. Wenn Sie Betreuungskräfte aus dem EU-Ausland beschäftigen möchten, braucht die Hilfskraft keine Arbeitserlaubnis. Sozialverbände und die Agentur für Arbeit sind bei der Vermittlung von Betreuungskräften aus EU-Mitgliedsstaaten behilflich.

Möglichkeit 2: Beschäftigung von freiberuflichen Einzelunternehmern

Sie können mit ausländischen Hilfskräften Dienstverträge abschließen und sie als selbstständige Betreuungskraft beschäftigen. Dadurch haben Sie die Möglichkeit Arbeitszeiten, Urlaubszeiten, Leistungen und Bezahlung individuell zu vereinbaren. Neben dem Dienstvertrag kann es nötig sein, einen Vermittlungsvertrag mit einer deutschen Agentur abzuschließen, falls Sie Unterstützung beim Suchen einer geeigneten Kraft in Anspruch nehmen möchten (siehe Modell 3).

Vorsicht

Bei diesem Modell besteht die Gefahr, dass gegen das Gesetz der Scheinselbstständigkeit verstoßen wird. Beachten Sie bitte die Hinweise zur Seriosität von Vermittlungsagenturen weiter unten im Beitrag und stellen Sie bei der Vertragsgestaltung sicher, dass die Hilfskraft zu fairen Bedingungen arbeitet.

Sie können mithilfe der Unterstützungsprogramme CariFair der Caritas oder vij-FairCare der Diakonie Verträge abschließen, bei denen die ausländischen Hilfskräfte in Deutschland sozialversichert und ihre Arbeitszeiten geregelt sind.

Möglichkeit 3: Das Entsende-Modell

Beim Entsende-Modell nehmen Sie die Leistungen von zwei Agenturen in Anspruch, die zusammenarbeiten, um die Betreuungsleistungen für Sie sicherzustellen. Sie schließen also meist zwei Verträge ab: einen Vermittlungsvertrag und einen Betreuungsvertrag. Den Vermittlungsvertrag machen Sie mit der deutschen Vermittlungsagentur, sie ist Ihr direkter Ansprechpartner während der Beschäftigung der ausländischen Hilfskraft. Die Vermittlungsagentur macht Personalvorschläge und informiert Sie. Den Betreuungsvertrag schließen Sie mit der im Ausland ansässigen Betreuungsagentur ab. Sie fungiert als Arbeitgeber der ausländischen Hilfskraft und muss die Sozialversicherung Ihrer Beschäftigten übernehmen.

Der Vermittlungsvertrag sichert die Hilfestellung der deutschen Agentur ab, im Betreuungsvertrag regeln Sie die Leistungen, die die Hilfskraft in Ihrem Haushalt leistet.

Merkmale einer seriösen Agentur für die häusliche Pflege

  • Für die Erstberatung müssen Sie nichts bezahlen, genauso wie für sämtliche Beratungen, die Sie im Laufe der Betreuung in Anspruch nehmen, wie zum Beispiel wenn Probleme zwischen Ihnen und der Hilfskraft bestehen.
  • Sie werden von der Agentur bei der Suche nach einer Hilfskraft bei der häuslichen Pflege unterstützt, die das bieten kann, was Sie brauchen. Dazu schlägt sie Ihnen mehrere Bewerber vor.
  • Die Agentur achtet darauf, dass die von Ihnen ausgesuchte Hilfskraft die A1-Bescheinigung vorlegen kann, damit Sie sicher sein können, dass die Betreuungskraft in ihrem Herkunftsland sozialversichert ist.
  • Die Vermittlungsagentur stellt sicher, dass die Hilfskraft den deutschen Mindestlohn bekommt, nämlich 8,84 Euro pro Stunde (Stand Juli 2018).
  • Die Agentur unterstützt Sie im gesamten Betreuungsprozess durch Serviceleistungen, wie zum Beispiel eine Notfallnummer, die Sie rund um die Uhr erreichen können, durch regelmäßige Besuche bei Ihnen und Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen.
  • Die Vermittlungsagentur berechnet die Kosten in realistischer Höhe, das heißt 2500 bis 3000 Euro. Bietet die Agentur ihre Leistungen günstiger an, sollten Sie misstrauisch werden. Außerdem listet sie die Dienstleistungen detailliert und transparent auf.
  • Die Agentur ist Mitglied in einem Verband, wie zum Beispiel dem Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) oder der Bundesverband Haushaltshilfe und Seniorenbetreuung e.V. (BHSB).

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